Di. Mrz 19th, 2024

Wörter: 2055; Linkslevel: -1 Nichtlinke
Insbesondere Sexualstraftäter sind in der BRD von Sicherungsverwahrung betroffen. Das Phänomen erinnert etwas an die Entmündigung durch psychiatrische Gutachten. Hier kommt jedoch noch eine faschistische Dimension hinzu, die über die bloße Freiheits- und Souveränitätsberaubung und Inbesitznahme von Personen hinausgeht.

Die Diskriminierung von Sexualstraftätern ist in der BRD wie in vielen anderen demokratisch genannten Staaten (→ »Warum die BRD undemokratisch ist«) Normalität. Dies verwundert nicht, da die BRD (Bundesrepublik Deutschland) ein inhumaner und menschenfeindlicher Staat ist. (siehe z. B. Artikel über Kinderfeindlichkeit (unfertig))

Selbst d-radio meldet am 15.04.2011: Europäischer Gerichtshof urteilt, daß Sexualstralstraftäter mit 31 000 € entschädigt werden muß. Diese Meldung ist bereits eine Diskriminierung. Ein seiner Grundrechte beraubter Strafgefangener wird darauf reduziert, daß er eine oder mehrere sexuell motivierte Straftaten begangen hat, um ihn zu diskriminieren (“… soll mit 31 000 € entschädigt werden”)

Tatsächlich fällt es den meisten Menschen auch schwer, gerade Personen, die sexuell motivierte Gewalttaten begehen, zu verteidigen. Deswegen, weil realer Weise ihre Grundrechte verletzt sind, soll das hier unternommen werden. Denn auch der schlimmste Verbrecher besitzt Menschenrechte.

 

Das Ding an sich – Der Triebtäter als Monster

Was ist eine Dikriminierung?

Die Diskriminierung ist ein rechtsgerichtetes Bedürfnis. Diesem Bedürfnis gibt ein in beliebiger Gesellschaft Sozialisierter nur nach, wenn es ihm den Regeln der Sozialisation entsprechend, erlaubt scheint.

Das Bedürfnis selbst entspringt der Erniedrigung, der als ehrverletzend empfundenen Zurücksetzung. Sie entspringt der Empfindung der eigenen Minderwertigkeit. Um ein solches Bedürfnis zu entwickeln bedarf es seelischer Wunden. Diese können lange Zeit unbemerkt bleiben und plötzlich aufbrechen.
Das Bewußtsein der Minderwertigkeit entspringt dem Statusdenken. Um es loszuwerden muß man sich vom Statusdenken emanzipieren. Dies gelingt nur bewußt und wenn man im Leben Zuwendung erfahren hat. Einige wenige können es daher niemals schaffen. Schmerz und Wut werden ihre Begleiter bleiben. Die meisten jedoch werden erst durch Beugung1, Erniedrigung, Scham und konservative Ideologeme zum Haß verführt.
Die Diskriminierung selbst richtet sich dann gegen eine Gruppe, die der jeweiligen Kultur (der Diskiminierer) entsprechend als böse gebrandmarkt wurde.
So kommt es, daß wenn Politiker auf Ausländer hetzen, Asylbewerberheime angezündet werden und wenn bekannt wird, daß Ein (ehemaliger) Sexualstraftäter in die Gegend ziehen, alle, die Druck oder Schmerz haben, sofort aufbrechen um zu protestieren. Unbewußt sind die Protestierer froh, voller heiligem Zorn rotten sie sich zusammen und leben auf, denn sie nehmen sich die Freiheit jemand anderem erbarmungslos zu begegnen.

 

Menschen- und Bürgerrechte

In entwickelten kapitalistischen Staaten existieren Bürgerrechte und infolge dessen eine Political Correctness. diese Political Correctness hat für die bürgerliche Gesellschaft charakteristische Formen. Da diese imperialistischen Staaten trotzdem Menschenrechte verletzen, sind Bürgerrechte bei weitem nicht mit Menschenrechten identisch.

Beispiel:
{In den USA wurde in den vergangenen zehn Jahren in vielen Bundestaaten die Vollstreckung der Todesstrafe ausgesetzt. Die Todesstrafe wurde jedoch nur in wenigen Bundesstaaten abgeschafft. Die Aussetzung der Todesstrafe wurde nur deswegen vorgenommen, weil statistisch zweifelsfrei nachgewiesen werden konnte, daß mehr Schwarze zu Unrecht zum Tode verurteilt wurden, als Weiße. Diese Ungleichheit vor dem Recht verstößt gegen die offizielle Political Correctness und mußte um der Erhaltung des Friedens willen abgeschafft werden. Die Gleichheit vor dem Recht ist ein Bürgerrecht. Da die Ungerechtigkeit der us-amerikanischen Geschworenengerichte nicht per Dekret behoben werden konnte, mußte die Todesstrafe ausgesetzt werden. Sie wurde aber nicht abgeschafft. Die Todesstrafe verstößt gegen das Recht auf Leben und ist in Europa abgeschafft. }
Das zeigt, daß obwohl Menschenrechte fundamentaler sind, als Bürgerrechte, es in einer dekadenten Gesellschaft zu Inversionen kommen kann – Bürgerrechte also wichtiger sein können als Menschenrechte. Diese Inversionen müssen in unterdrückerischen Klassengesellschaften sogar auftreten, da das Bürgerrecht auch zur Regulierung der Beziehungen innerhalb der herrschenden Klasse wichtig ist, während das Menschenrecht höchstens zur Fassade des (unerdrückerischen) Rechtsstaates gehört und normalerweise gewährt oder erkauft wird, was die Reichen nicht stört. (→ hierzu: Linkes Lexikon: »Rechtsstaat«)

 

Wer wird diskriminiert?

Da also in entwickelten kapitalistischen Staaten Bürgerrechte existieren, gibt es Regeln, welche Gruppen diskriminiert werden dürfen und welche nicht. In Ländern mit entwickelter Political Correctness — das meint Länder, in denen über eine Generation lang Begriffe aus linken Diskursen in die etablierte Politik eingeflossen sind, gibt es klare Regeln, welche Gruppen diskriminiert werden dürfen und welche nicht. Diese Regeln folgen einer ökonomischen Relation. Sind die Gruppen groß, lohnt sich die Diskriminierung, die Gruppen sind dann allerdings wehrhaft (Frauen im Berufsleben). Sind die Gruppen sehr klein, sind die Gruppen schwach und können leicht diskriminiert werden. Allerdings lohnt sich die Diskriminierung dann nicht. Sie gilt dann als unanständig (Behinderte).
Diskriminiert werden also Gruppen, die eine mittlere Kleinheit besitzen.
Man kann daher feststellen, daß je länger Political Correctness zum Alltag gehört und je länger sie sich entwickelt, es desto weniger Gruppen gibt, die noch diskriminiert werden, da einerseits die dann zu großen Gruppen immer bewußter werden und die Diskriminierung der sehr kleinen Gruppen bei immer größer werdenden Gruppen unanständig erscheint. Alles ist eine Frage des Bewußtseins, kulturelle Abweichungen von diesem Schema sind normal.
Abweichend von diesem Schema werden zusätzlich noch Gruppen diskriminiert, die als völlig verworfen gelten. — Z. B. Straftäter im allgemeinen, Homosexuelle oder spezielle Religionsgemeinschaften oder Ungläubige. All das ist natürlich relativ weit rechts. Außerdem gibt es in Ländern mit geringen Menschenrechten die Vorstellung, Menschen- oder Bürgerrechte könnten verwirkt werden. Eine Vorstellung, der auch Konservative und natürlich Rechtsextreme in Deutschland anhängen2. Dieser Vorstellung liegt das oben erwähnte Bedürfnis nach Diskriminierung zugrunde. In der Praxis äußert sich dieses Bedürfnis dadurch, daß die Bedürfnisträger ohne in eine bestimmte Straftat verwickelt zu sein, zu Gerichtsprozessen fahren und parteinehmend gegen einen Verdächtigten oder Angeklagten demonstrieren und Strafe fordern.

 

Der Triebtäter als Ziel

Was also “erlaubt” es den Bedürfnisträgern, den Triebtäter als legitimes Ziel des Hasses zu betrachten.
Zunächst sind die Verbrechen von einem breiten mit Primärreizen ausgestatteten Assoziationsfeld umgeben. Ist der Triebtäter ein Mörder, kommen Sex, Mord, Vergewaltigung evtl. Gleichgeschlechtlichkeit, Pädophilie, und möglicherweis besonders abstoßende Handlungsweisen hinzu. Gebannt durch Faszination und Eckel schaut der größte Teil des Publikums auf die Szene. Planung und kriminelle Energie spielen hier meist eine deutlich untergeordnete Rolle. Stattdessen wird ein Triebtäter nicht trotz, sondern gerade weil er sich nicht beherrschen kann, zum Ziel. Die Unfähigkeit der Kontrolle des Triebes oder auch nur die abartige Zielrichtung des Triebes erscheint dem stark interessierten Publikum als minderwertig. So erscheint der mit minderwertigen Eigenschaften ausgestattete Delinquent als Monster. Als Monster, das nach dem Drehbuch mindestens jedes zweiten normalen Gewaltkrimis getötet werden darf.
Die gefühlte Minderwertigkeit verringert realer Weise die Menschenrechte des (Ex-)Sexuladelinquenten.

 

Einspruch

Aus Eigenschaften, die die Kontrollfähigkeit oder die Motivation zur Kontrolle herabsetzen, Minderwertigkeit abzuleiten ist jedoch mittelalterlich. Moderne Schuldbetrachtungen eröffnen die Möglichkeit hier zu differenzieren. Wenn ein Straftäter für die, die Tat motivierenden Triebe, nichts kann, dann ist das unabhängig von der Gefährlichkeit des Täters ein mildernder Umstand.
Von anerzogenen oder gar angeborenen Eigenschaften auf Minderwertigkeit zu schließen sollte sich seit Auschwitz verbieten. Die Vorstellung, es bei fehlerhaften oder fehlgeleiteten Trieben mit einer Art teuflischer Bosheit zu tun zu haben, ist Folge einer Mystifizierung (»Was ist schlimm an Mystifizierung?« (Wiederherstellung)).
Ohne behaupten zu wollen, daß das etwa alle oder viele Sexualstraftäter betreffen würde, muß davon ausgegangen werden, daß einige der Täter mit sich ringen um sich zu bessern. Eine Diskriminierung hilft ihnen nicht, da sie durch sie aus der normalen Gesellschaft ausgeschlossen werden. Ziel muß es jedoch sein, diese Täter der normalen Gesellschaft wieder anzunähern.
Wir können uns schließlich auch das Gegenteil vorstellen nämlich einen Täter, der ohne jeden Trieb aus (zumindest trieb-)freier Entscheidung z. B. aus Habgier oder politisch motiviertem Haß zum Täter wird. Die Verwerflichkeit der Taten dieser Menschen werden in der Öffentlichkeit weit weniger beachtet, als die seltenen aber seelisch spektakulären Taten der Triebtäter.

 

Erläuterung
Vergleich von Sexualstraftätern mit rechtsextremen Straftätern

Vergleicht man einen Triebtäter mit einem rechtsextremen Gelegenheitstäter oder gar mit einem Nazi, zeigt sich ein gravierender Unterschied. Obgleich beide Mörder sein können, ist der Triebtäter nicht so frei in seiner Entscheidung, wie der Nazi. Es kommt noch etwas hinzu: Der Nazi hat im Gegensatz zum Triebtäter ein mörderisches Programm. Dieses Programm enthält die Planung der Tat in abstrakter Weise.
Während also der eine Täter vielleicht(hierzu unten mehr) mit sich ringt und die Tat vielleicht gegen seinen Willen begeht, hat der Nazi zur ideologischen Rechtfertigung seiner Taten ein Programm aufgestellt, das seine Taten strategisch legitimieren soll und die Tat sowie gleichartige Taten abstrakt vorbereitet.
Der Gedanke der Schuld sollte von der kriminellen Energie ausgehen, sowie aus der bewußten und willentlichen Planung abgeleitet werden.

Hier nun einige kleine Einschränkungen. Natürlich passen Täter ihre Anschauungen, das bringt die Schuld psychologisch mit sich, ihrer Tat an. Sie sind also meistens schuldig und nur wenige Mehrfachtäter ringen mit sich gegen die Tat. Unbewußt identifizieren sie sich mit ihrer Tat, da die Schuld sie drückt. Das muß man sich als unbewußte Abwehrreaktion gegen die Schuld vorstellen. So kommt es dazu, daß der Schuldige, welcher es nicht schafft, die eigene Schuld vor sich selbst einzugestehen, sich auch nicht entschuldigt. Ein Mehrfachtäter, der erst spät erwischt wird, wird daher zunächst oder auch lange Zeit uneinsichtig sein, weil er ein eigenes Unrechtsbewußtsein entwickelt hat. Kommen Triebe hinzu, wird die Situation ungleich komplizierter, da sie insbesondere bei Mehrfachtätern die Motivation etwas (an den Ansichten) zu ändern, zum Erliegen bringen. Der Mehrfachtriebtäter entfernt sich “philosophisch” von der Gesellschaft, von der er weiß, daß sie seine Taten ganz anders sieht.
Diese andersartigen eingeschliffenen Ansichten erscheinen dem Publikum, das in den Kopf und in die Vorgeschichte keinen Einblick hat, als monströses Schuldunbewußtsein. Es ist jedoch eine logische Konsequenz. Ich will hier auch nicht behaupten, daß diese Täter alle ohne Schuld wären, sie sind nur so wie auch das Publikum – nur auf andere Weise bewußtseinsgemindert.

 

Allgemeine Primitivität

Die Rechte von Sexualstraftätern werden weder beachtet, noch verteidigt. Niemand setzt sich für sie ein. Daher werden selbst elementare Rechte, wie die Bewegungsfreiheit ohne weitere Diskussion verletzt und elementarste, wie das Recht auf Leben schon mal im Eifer infrage gestellt.
Wir wenden uns hier dagegen, daß das, was typischer Weise von einem Mob empfunden und getan wird, nicht in die offizielle Politik der Strafverfolgung und des Strafvollzuges Einzug hält.
Selbst der Sicherungsverwahrung ablehnend gegenüberstehende “Autoritäten” fallen nicht gerade durch Brillanz ihrer Gedanken auf: “Keine Strafe ohne Gesetz!
Stattdessen sollte es heißen: “Keine Strafe ohne Schuld!”

 

Die Art der bisherigen Sicherungsverwahrung

In der Vergangenheit wurde Sicherungsverwahrung außerdem als verlängerte Gefängnisstrafe in einer Gefängniszelle praktiziert. Das ist offensichtlich Freiheitsberaubung. Nicht einmal die Mühe, eine besondere Anstalt zu bauen, hat man sich gemacht. Die Offensichtlichkeit der Grundrechtsverletzung ist haarsträubend.
Nun wurde mit dem Urteil klargestellt, daß eine abgegoltene Strafe nicht einfach so verlängert werden darf.

 

Folgerung

Wenn man zum Beispiel fordert: “Wegschließen für immer!“,
was offensichtlich gegen Grundrechte und Menschenrechte verstößt, handelt eine Gesellschaft gegen ihre grundlegendsten Regeln wie in Notwehr gegen eine übermächtige Gefahr. Von dieser kann bei Tätern, die unter einer unzureichenden Triebkontrolle leiden, jedoch nicht die Rede sein!
Wegschließen für immer!“ sollte also – wenn überhaupt – nur für Nazis gelten!

Gerade die letzte Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte hat nun die Praxis der Sicherungsverwahrung in Deutschland gerügt.
Der Grund für die Endlichkeit von Strafe sollte letztlich auch der sein, daß Menschen zu schwach, zu unbeständig und zu inkonsequent sind, als daß Schuld lebenslang (über sieben Jahrzehnte) bestehen könnte. Irgendwann ist ein Mensch so verändert, daß er zu seiner Tat keine Beziehung mehr hat. Darüber hinaus sollte Strafe bessern. Eine lange Gefängnisstrafe, die einen Gefangenen vom wirklichen Leben, den Gepflogenheiten und Entwicklungen der Gesellschaft entfernt, ist eine schlechte Voraussetzung für eine spätere Reintegration.

Reintegration sollte trotz allem das (evtl. lebenslange) Ziel sein!

Am Beispiel der Debatte um die Sicherungsverwahrung können wir lernen, daß der Humanismus nicht auf Gefühlsduselei, sondern auf Argumenten und einem immer besseren Verständnis der Menschen, ihrer Beziehungen und Bedingtheiten beruht.

 

Praxis

Das Einsperren in Gefängnisse ist schlimmer als Ghettoisierung. Wer seine Strafe abgesessen hat, sollte alle Möglichkeiten zur Bildung und kulturellen Teilhabe besitzen.
Warum soll ein relativ ungefährlicher Sexualstraftäter nicht einfach zwanzig Bewährungshelfer im beruflichen und kulturellen Umfeld haben? — Bewährungshelfer, die eingeweiht sind und den Ex-Delinquenten vor Diskriminierung und Rückfälligkeit schützen – persönliche Eignung vorausgesetzt. Ein gefährlicher Extäter könnte auch heimliche Bewährungshelfer besitzen. Das ist immer noch besser, als unbegründete Freiheitsberaubung. Bei extremer Gefährlichkeit könnten elektronische Maßnahmen angewandt werden, die immer noch besser sind, als Freiheitsberaubung.

[Evariste]
 

1 Die erzwungene Selbstbeugung bzw. die Selbsterniedrigung ist ein wichtiger Quell des Ressentiments.

Von Evariste

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