Di. Mrz 19th, 2024

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Das Wort Recht besitzt eine mißverständliche Doppelbedeutung. Zunächst bedeutet Recht die Gesamtmenge abstrakter herrrschaftlicher Verhaltens- und Beurteilungscodices einer Gesellschaft, während seine Mystifizierung1 zu der abstrakten Vorstellung von (Verteilungs-) Gerechtigkeit führt. Recht und Gerechtigkeit werden häufig synonym benutzt. Hier geht es nicht nur um den Unterschied zwischen Recht und Gerechtigkeit.

Bereits in Linkes Lexikon: Recht wurde erläutert, daß Recht Gerechtigkeit vorspiegelt. Dazu wird u. a. ein Rechtssystem benötigt.

 

Rechtssystem

Wenn in einem armen Land (ohne Streikrecht und oft auch mit Streikrecht) Arbeiter streiken, dann fällt den kapitalistischen Unternehmern nichts besseres ein, als die Polizei zu rufen. Diese unterdrückt dann Demonstrationen, Kundgebungen und oft auch die Streiks selbst. Es kommt zu Aussperrungen. Daß so etwas passiert, ist keine neuere Entwicklung. Es liegt nicht daran, daß diesen Ländern die Demokratie verlorengegangen ist, sondern genau anders herum handelt es sich um den traditionellen Umgang mit selbstbestimmten Aktionen des Volkes. Streikrecht und Demokratie sind eher neuere Entwicklungen, die sich noch nicht überall durchgesetzt haben.
Wer also den Eindruck hat, daß das Rechtssystem zum Zwecke der Gerechtigkeit von seinen (beitragszahlenden Bürgern) geschaffen wurde, der liegt falsch. Das Rechtssystem unterdrückt klassischer Weise. Das kapitalistische Rechtssystem benutzt heute nur eine demokratische Fassade. Diese Fassade wurde erkämpft. Es stellt sich also in den undemokratischen Ländern nicht die Frage der Schaffung eines Rechtssystems, sondern die seiner Abschaffung.

Die Illusion, daß Recht Gerechtigkeit wäre, kommt dadurch zustande, daß die Menschen immer das herrschende System, in das sie hineingeboren wurden, als das Ende der Geschichte betrachten und alles vorhergehende (das sie weniger gut kennen) als zu diesem System hinführend betrachten. Daß das herrschende System auch nur ein Übergangszustand ist, ist kaum jemandem bewußt.

 

Ökonomie und Selbstverständnis der Gewalt

Die Ökonomie der Gewalt

Ausbeutung funktioniert nicht ohne Unterdrückung und Unterdrückung braucht Gewalt. Diese Gewalt lohnt sich, kostet jedoch auch etwas. Diejenige, die die Gewalt ausüben, müssen in ein Belohnungssystem eingebunden sein. Sie müssen besser bezahlt sein, als diejenigen, die sie zu unterdrücken haben.
Wenn Gewalt angewandt wird, gibt es meist eine Zahl von Menschen, die die Ursache und die Art der Gewalt beobachten können. Diese Menschen können die Verhältnismäßigkeit der Gewalt in ihrem jeweiligen Überzeugungssystem beurteilen. Meist schneidet die Gewalt (Wohnungsräumung) schlecht ab, wenn man sie konkret beobachten kann. Gewalt, die Privilegien schützt, wird im Einzelfalle als unverständlich, von Betroffenen als ungerecht, von Loyalen Unbeteiligten als unverhältnismäßig und von wirklich kritischen Beobachtern als herrschaftlich empfunden. Gewalt sieht ohne Ressentiment immer schlecht aus. Leichter ist es Gewalt gegen Gruppen anzuwenden, die verhaßt sind, oder vor denen man Angst hat.
 

Ökonomisierung

Der Kapitalismus setzt wie jedes Herrschaftssystem auf eine Reihe von Ressentiments, die es erlauben fast beliebige Gruppen anzugreifen, da jeder zu irgendeiner solchen gehört. Besonders wichtig ist das sozialchauvinistische Ressentiment. Das ist der Haß der Reichen auf die Armen,der Haß der Adligen auf das „Gesocks“. Ressentiments kosten wenig Geld.
Da Gewalt Geld kostet und nicht gut aussieht, ist es auch im Herrschaftsinteresse, die Gewalt nicht zu sehr ausufern zu lassen. Und es ist Unterdrückern sogar bekannt, daß Strafen in der Quantität an die Gefährlichkeit der befreierischen Delikte angepaßt werden können, was einem Teil der Unterdrückten als gerecht verkauft werden kann. Daher gibt es Kataloge mit Strafen. – Ein Rechtssystem entsteht. Das Rechtssystem erlaubt eine wirksame Ökonomisierung der Gewalt.
 

Keim der Schuld
Betrachten wir die Entstehung noch genauer!
Bei Markus Lanz (Fernseh-Sendung) war eine Frau eingeladen, die in der Vergangenheit von einem Sexualstraftäter entführt wurde. Dieser hielt mehrere weibliche Personen in seiner Gewalt. Da die Bewachung Energie kostet, drohte er ihnen: „Wenn Ihr nicht artig seid, müssen alle das auslöffeln.“ Der Gedanke, daß etwas „auszulöffeln“ ist, spielt mit dem abstrakten Gedanken der Schuld. Der Entführer konstruiert von sich aus eine Schuld, die bei Verstoß gegen seine eigenen Anweisungen entstehen soll. Das ist bereits der Beginn eines Rechtssystems. Ein Hochkrimineller konstruiert in der Situation eigener Überlegenheit ein noch rudimentäres Rechtssystem. Die Vorlage dafür hat er aus der Realität des Kapitalismus. Ein solches Rechtssystem hat zunächst keine empfundene Legitimität. An die Legalität kann man ohnehin nur Glauben, wenn das Recht durch einen Staat wirksam durchgesetzt wird und eine begründende Ideologie verbreitet wurde. Man muß jedoch, um den Widerstand aufzugeben, an ein Recht des Ausbeuters glauben. Im Falle des Sexualtäters könnte das z. B. das Recht der ersten Nacht eines Adligen sein. Da man an Adel nicht mehr glaubt, braucht man heute kompliziertere Konstruktionen. Eine solche Konstruktion (die immer schon hilfreich war) ist die Schuld. Schuld wird meist zum Zwecke der Ausbeutung konstruiert.
Wo Recht ist, ist auch Schuld, denn wenn einer Recht hat, hat der andere die Schuld.
 

Gerechtigkeit als legitimierende Beigabe
Da heute das Bewußtsein der Ausgebeuteten hoch ist, wie nie, ist das Rechtssystem darauf angewiesen, in unpolitischen Streitfällen tatsächlich eine Art Gerechtigkeit herzustellen, das heißt einen echten Beitrag zur Regulation von Streitigkeiten und Konflikten zu leisten.
 

Legalität und Legitimität
Der Übergang von der Gerechtigkeit zum Schutz des Privilegs ist fließend. Das verleiht dem modernen Rechtssystem eine empfundene Legitimität.
Rechtssysteme werden von den Herrschenden installiert und nach Bedarf verfeinert. Sie ökonomisieren die unterdrückerische Gewalt und geben Unterdrückern, wie Ausbeutern Legalität. Wird diese Legalität allgemein empfunden, spricht man von Legitimität.
In dem Film Shogun erzählt der Navigator dem Fürsten Toranaga von seinem europäisch-heimischen Kampf gegen die Fremdherrschaft. Dieser ist entsetzt und äußert, daß es keine Entschuldigung gibt, wenn sich jemand gegen seinen rechtmäßigen Herrscher erhebt. Der Navigator erwidert nach kurzem Nachdenken: „Es sei denn, man gewinnt.“ Der Fürst lacht und sagt: „Das ist wirklich der einzig rechtfertigende Grund!“, denn ihm ist klar, daß das Rechtssystem auf Gewalt beruht, und nach ihm ein neues Rechtssystem konstruiert wird. Legitimität ist relativ, weil empfunden – Legalität beruht auf rechtlich verbrämter staatlicher Gewalt.
 

Rechtfertigung

Recht rechtfertigt Gewalt. Es ist diese die Gewalt, die vom System ausgeht. Ohne das Recht ist ein Rechtssystem nur ein Schutzgeldverein. Ohne Recht haben die Ausübenden der Gewalt kein Selbstverständnis, kein Gerechtigkeitsempfinden und keine Professionalität. Ein System, das auf Dauer eingerichtet sein will, braucht Recht, braucht Selbstverständnis. Recht ist legalisierendes Selbstverständnis der Gewalt.

 

Ungerechtigkeit

Der Schriftsteller Anatole France äußerte um die Rechtsordnung seiner Zeit zu ironisieren:
Es ist dem Reichen, wie dem Armen verboten, unter Brücken zu schlafen“.
Was man Konservativen leider dazu-sagen muß ist, daß Reiche nicht unter Brücken schlafen müssen. Für uns ist hier interessant, daß das Rechtssystem so tut, als wäre es neutral. In Wirklichkeit sind die (sozialen, beruflichen, vertraglichen, finanziellen, …) Bedingungen unter denen die Menschen leben (die Produktionsbedingungen) entscheidend für die selektive Wirksamkeit des Rechtssystems.
Die Menschen können sich nicht den herrschenden Zwängen entziehen. Die meisten Zwänge entstehen aus Verboten.
Sehr viele Verbote resultieren aus dem Eigentum. Sehr wichtig ist hier das Eigentum an Grund und Boden. So ist es heute nicht möglich, aus der Stadt in den Wald oder auf ein beliebiges Feld zu ziehen und dort ein Haus zu erreichten. Abgesehen davon, daß das bei der heutigen Bevölkerungsdichte auch nicht sinnvoll wäre, entsteht der tatsächliche Konflikt in dem Falle dadurch, das der Wald oder das Feld jemandem gehört, der das Besiedeln seines Grundes durch Drohung mit staatlicher Waffengewalt untersagen kann. Dieser Besitz ist daher ein Privileg. Ohne Recht kann ein Privileg nicht begründet werden.
 

Privilegien im Rechtssystem

Gerade das Eigentum als Begriff ist ein fundamentales Beispiel für ein Privileg, denn Eigentum bedeutet gerade, daß etwas nicht von allen genutzt werden kann. Diese Nichtnutzungsvorschrift für (fast) alle kann nur mithilfe von Waffengewalt durchgesetzt werden, so wie andere Privilegien letztlich auch.
Privilegien sind generell nicht gleichmäßig verteilt. So gibt es kein Gesetz, das sagt, daß jeder ein Stück Land besitzen muß. Privilegien sind da, um als solche ausgebeutet zu werden. Dazu gehört der Besitz von Land, Häusern, Produktionsmitteln. Auch der von Waffen kann (im Feudalismus) dazu gehören und ausgebeutet werden. Der Kapitalismus entwickelt sich weiter, so daß heute schon Methoden zur Produktion oder zur Untersuchung von etwas oder sogar nur Information, die nur dem Konsum dient, zum Zwecke der Ausbeutung besessen werden darf.
Im Rechtssystem formuliert man: „Recht auf …“. Das hört sich für Leute, die im Rechtssystem groß geworden sind, gut an, bedeutet jedoch in Wirklichkeit für die meisten das genaue Gegenteil.
Privilegien dienen Minderheiten, die das Rechtssystem geschaffen haben. (Diese unterdrückerischen Minderheiten bilden Klassen.)
 

Parteiisches Recht

Das Recht ist nicht nur zufällig an einigen Stellen ungerecht. Die Kapitalisten rechnen damit, daß Wohnraum knapp ist, Arbeitsplätze knapp sind usw. Sie versuchen den Zustand beizubehalten und zu verschärfen. Das Recht sagt, daß der Eigentümer entscheidet, wer angestellt oder entlassen wird, zu welchem Preis eine Wohnung vermietet wird usw. Einige wenige Einschränkungen wurden bisher gegen den Widerstand der Kapitalisten erkämpft. Gibt es Arbeitslose und gibt es Elend ist die Arbeitskraft billig. Betriebe der öffentlichen Daseinsvorsorge haben nicht einfach Kunden, sondern eine abhängige Bevölkerung. Das kapitalistische Recht ermöglicht in vielen Ländern eine „Privatisierung“ eben dieser Betriebe.
Das Recht wird die ganze Zeit über im Sinne des Privilegs ausgenutzt. Situationen der Abhängigkeit planvoll, heimtückisch und in vollem Bewußtsein der Konsequenzen herbeigeführt. Die Kapitalisten nennen das dann zynisch einen „Anreiz“. Die Bologna-Reform hatte in Wirklichkeit das ziel, die Hochschullandschaft Europas auf eine „Privatisierung“ vorzubereiten.
Wichtig sind auch Auslassungen des Rechts. So wird die extrem bedeutsame Preisbildung bei Pharmazeutischen Produkten nicht ordentlich geregelt, sondern intransparenten Verhandlungen zwischen den Krankenkassen und den Pharmakonzernen überlassen. Dadurch entstehen Abhängigkeiten von Millionen Patienten. (Dieser Hauptgrund der Verteuerung des Gesundheitssystems wird nie diskutiert.)
Das parteiische Recht wird praktisch ausschließlich vorsätzlich geschaffen. Dazu gibt es in jedem bürgerlich-demokratischen Land -zig mal mehr Lobbyisten am Parlament und in Brüssel hundert mal mehr Lobbyisten als Abgeordnete.

 

Spezielles, was immer aus der jeweiligen Eigentumsordnung abgeleitet werden kann …

Die derzeitige Eigentumsordnung ist eine kapitalistische. Der Kapitalismus ist vor allem durch den Handel mit Werten (auch mit symbolischen) und mit der Arbeitskraft gekennzeichnet. Im Gegensatz zu vorhergehenden Ausbeuterordnungen hängen die Möglichkeiten des Einzelindividuums von Art und Menge seines Besitzes ab.
 

Verfügung über das Eigentum

Die Ausschließlichkeit der Verwendung von Besitz wird durch das Rechtssystem reguliert. Die privilegierte Verfügung über das Eigentum ist der eigentliche Zweck der Ordnung – der Eigentumsordnung. Das Privileg der Verfügung wird mit Gewalt durchgesetzt und mit dem Eigentum begründet. (»Links und Eigentum – Warum die Linken die Eigentumsfrage stellen«) Das Eigentum ist daher der fundamentale Rechtsbegriff des Kapitalismus.
 

Erlaubnis zur Akkumulation

Eine spezielle Eigenschaft des Kapitalismus ist die Akkumulation des gesellschaftlichen Reichtums in immer weniger Händen. Diese Akkumulation wird nicht bekämpft, weil sie die Substanz des Kapitalismus bildet. Sie ist der letztliche Zweck des demagogischen Eigentums. Die Akkumulation findet vom Anfang des Kapitalismus bis zu seinem Ende statt. Solange Richter, Staatsanwälte und natürlich die Polizei an das Eigentum glauben, wird auch die Akkumulation nicht angetastet. Der Kapitalismus ist daher eine Religion. Das Rechtssystem ist seine Theologie.
 

Hochwohlgeborensein

Im Feudalismus spielt der Adel die entscheidende Rolle der Rechtfertigung. Da eine Industrialisierung noch nicht stattgefunden hat spielt der Landbesitz für den Reichtum eine große Rolle. Dem Adel ist es erlaubt, Waffen zu tragen und so seine Ansprüche, für die noch kein sehr kompliziertes Rechtssystem notwendig ist, selbst durchzusetzen.

 

Wahre Stellung des Menschenrechts

Verbraucherschutz, Mieterschutz, Umweltschutz, Beschäftigungspolitik und viele andere Bereiche der Politik (das Soziale sowieso) leiden unter dem Primat des Eigentumsrechts und des Wettbewerbsrechts.
 

Das Wettbewerbsrecht steht über dem Verbraucherschutz.

In der Wirklichkeit der Marktwirtschaft steht die Regulation der Wirtschaft über den Belangen der Menschen. „Regulation“ heißt hier, daß ein Wettbewerbsrecht installiert wurde, daß die Konkurrenz von Unternehmen ermöglicht die Mitbestimmung von Abhängigen ausschließt und Akkumulation von Marktanteilen und letztlich von Reichtum ermöglicht. Verbraucherschutz stört und wird nur gestattet, wenn er von breiten Teilen der Bevölkerung durchgesetzt wird, was sehr selten der Fall ist. Kennzeichnungspflichten wie die Gehalte an Zucker und Salz bei verarbeiteten Lebensmitteln sind sehr schwer durchsetzbar.
 

Das Wettbewerbsrecht steht über dem Umweltschutz.

Wenn ein Kommunalbetrieb öffentlichen Nahverkehr aus den Einnahmen öffentlicher Wohnungen finanzieren will, das ist das nach EU-Recht eine unzulässige Querfinanzierung. Private Verkehrsanbieter können dagegen klagen, weil sie „diskriminiert“ werden.
 

Eigentum ist „ewiger“ als das Leben

Viele DDR-Bürger mußten es am eigenen Leibe erfahren. Wenn sie in der DDR ein Haus oder ein Grundstück besessen haben gilt das als Unrecht. Erst die Überprüfung durch eine tödlich konsequente Rechtsordnung adelt den Eigentumstitel. Anders herum gilt öffentliches Eigentum den Rechten nichts. Das liegt daran, daß der Term „Eigentum“ erfunden wurde, um ein Privileg zu rechtfertigen. Öfffentliches Eigentum erscheint den Rechten als leeres ungenutztes Privileg.
 

WTO-Recht

Es gibt ein Internationales Recht, dessen Aufgabe die Aushebelung von Resten nationalstaatlicher – meist ohnehin nur formaler oder fast formaler – Demokratie ist. Dieses internationale Recht besteht aus den WTO-Verträgen. Praktisch alle WTO-Verträge existieren ohne demokratische Legitimation.
 

Nochmal Schuld

Oben wurde gezeigt, daß Schuld auf dem Rechtsbegriff beruht. Das ist ganz universell. Schuld ist negatives Recht.
Das Wort Schuld hat mehrere Bedeutungen. So gibt es die Schuld in der Ökonomie, in der Religion und im Strafrecht. (Siehe Linkes Lexikon: Schuld) Die Religion unterstützt diese Auffassung und gerade die christliche Religion kennt sogar eine angeborene Schuld. Das kommt Unterdrückern zugute. An das Angeborensein von Bürgerrechten bzw. Freiheit (Sklavenhaltergesellschaft), von Titeln (Feudalismus) oder von Eigentum (Kapitalismus) müssen diejenigen, die das Recht verwalten und durchsetzen, glauben. Die, die das Recht haben, haben Würde, die anderen leben mit Schuld. Diese Schuld – davon ist die herrschende Klasse überzeugt – müssen sie abtragen. Sie haben „ihre Schuldigkeit zu tun“. Recht beruht auf Ideologie und die Grenze zur Religion ist fließend.

 

Recht als Unterdrückungsinstrument

Nimbus

Recht besitzt den Nimbus der Gerechtigkeit und verleiht Autorität, den blanke Gewalt nicht für jeden hat. Zwar besitzt Macht Autorität. Die reine Macht hat jedoch keine Rechtfertigung und hier steckt schon wieder das Wort „Recht“ drin, denn das Wort Rechtfertigung entstand in Anlehnung an die Idee des Rechts, das der unterdrückenden Ausbeuterordnung den Nimbus der Gerechtigkeit verleiht. Der Nimbus der Gerechtigkeit kann den bösen Zweck verschleiern. Ein solcher Zweck muß existieren, Denn warum sollte in einer Ausbeutergesellschaft mit gravierenden Privilegien ein Rechtssystem aus dem Wunsche heraus, Gerechtigkeit zu schaffen, entstehen? Es ist natürlich entstanden, weil die Ungerechtigkeit vorher schon da war und dann besser verschleiert werden sollte. Recht ist Verschleierung, wie jeder ausgebeutete Nimbus der Verschleierung dient.

 

Recht ist rechts

Demagogie als Grundlage des Rechts

Unter „Keim der Schuld“ wurde erläutert, daß auch Kriminelle sich primitive Rechtssysteme konstruieren. Diese findet man bei Rockerbanden, wie bei der Mafia.
Wenn man in Italien ein neues Geschäft hat, kann es in einigen Gegenden passieren, daß einem irgend jemand ständig die Scheibe einwirft. Normaler Weise sollte man zur Polizei gehen, da das herrschende System diese Insubordination nicht toleriert. Einige reagieren darauf jedoch so, daß sie auf eigne Faust versuchen, die Verursacher ausfindig zu machen. Um das zu tun, müssen sie herumfragen um schließlich zu einer „Familie“ vorgelassen zu werden, die dann „Abhilfe“ verspricht. Dafür müssen sie dann dieser „Familie“ Geld zahlen. Dabei bietet diese Familie, die die Schäden selbst verursachen läßt, demagogisch „Schutz“ gegen die Angriffe. Dieses ist der Keim herrschaftlicher Demagogie. Er liegt jedem Rechtssystem zugrunde. Die Mafia steht dabei lediglich in Konkurrenz zum italienischen Staat. Denn wie im kleinen, so ist es auch im großen. – Wenn es kein Elend gibt, müssen die Menschen auch nicht für niedrige Löhne arbeiten, müssen sie nicht hohe Mieten zahlen usw. Der Mangel erst macht die Ausbeutung möglich. Die Herrschenden erzeugen den Mangel, der ihre Herrschaft begründet, gewissenhaft. Um dieses systematisch tun zu können, benötigen sie ein verschleierndes Rechtssystem. Das Rechtssystem befaßt sich mit der Zuteilung von Recht. Daher ist Recht immer rechts, denn Linke sind für Gleichheit, Rechte für Ungleichheit. Am Beispiel einer Mafia kann man auch erkennen, daß Recht immer auch das Verhalten gegenüber Freund und Feind und den Übergang von Feind zu Freund und zurück regelt.
 

Kausalität

Da Recht dem Privileg dient, ist das Privileg der geistige Vater des Rechts. Das Privileg ist rechts, da da Privileg partikularistisch ist, und so ist das Recht rechts, da das Privileg bereits auf der Ungleichheit der Menschen beruht.
 

Verschleierung

Recht bedeutet verschleiert bewaffnetes Privileg. Recht ist gegen die Gleichheit und Recht ist gegen die Volksherrschaft, denn Recht mißachtet Mehrheitsinteressen und täuscht die Mehrheit sogar über den Charakter der durch es selbst etablierten Privilegien. Da Recht darauf beruht, daß es eine nichtreligiöse (oder nicht direkt religiöse) Autorität besitzt, ermöglicht es Gewalt einzusparen und dient somit immer der Ökonomisierung von Gewalt zum Zwecke effizienterer Unterdrückung. Recht kann daher eine große Zahl von Leuten binden, die an das Recht glauben und von ihm Gerechtigkeit erwarten. So Sind auch viele Menschen bereit dem Recht zu dienen. Um das Recht jedoch in der Praxis ausüben zu können, muß man Menschen verachten, andernfalls kann man ihnen nichts antun.
Das sieht so aus: Obwohl der Rechtsausübende sich einbildet, Gerechtigkeit zu erzeugen, muß er trotzdem in verschiedenen Härtefällen Menschen etwas antun. Z. B. Sachen pfänden oder Wohnungen räumen (lassen). Um dies’ auf Dauer tun zu können, bilden sich die Amtshandelnden, die das Recht ausüben oder durchsetzen ein, daß ihre Handlungen gerecht sind bzw. Gerechtigkeit erzeugen. Genau das ist rechts. Das Recht gibt den Rechten eine Pauschalausrede um ihnen etwas anzutun. Ist der Amtshandelnde rechts, hat er ein Bedürfnis zu strafen, das er mit der Autorität des Rechts wirkungsvoll vor sich selbst verschleiern kann. Rechte und Rechtsextreme lieben das Recht. Selbst Faschisten, die so extrem sind, daß sie selbst ihr eigenes Recht ständig mißachten, wenn es ihnen in den Kram paßt, nutzen ein Rechtssystem, denn Recht ist Privileg. Ein Extremfall von Recht ist das Verbot Juden zu heiraten (Rassenschande der Nazis) Ein schwacher Fall von Recht ist der reservierte Parkplatz. Übrigens ist islamistisches Recht aufgrund der Unbarmherzigkeit, mit der es Eigentumsdelikte verfolgt (Hand abhacken bei Diebstahl), klar weit rechts. Das wesentliche Merkmal rechter Gesinnung ist es, daß sie sozial bedingte Zwangslagen nicht zur Kenntnis nimmt. Die Ursache dafür wurde schon genannt – es ist die Menschenverachtung. Da Rechte die Menschen verachten, haben sie auch keinen Antrieb Probleme zu lösen. Sie erkennen die Probleme nicht mal und machen lieber Lieblingsfeinde für Probleme verantwortlich, die ganz einfach gelöst werden könnten. Rechte verstecken sich gern hinter dem Recht.
 

Recht als Instrument

Da Recht

  • Privileg ist,
  • da es der Verschleierung dient und
  • Gewalt rechtfertigt,

ist es ein Instrument.
Das Recht ist immer ein ungleich zugeteiltes Recht und so dient es der Unterdrückung.
Das Recht ist ein Unterdrückungsinstrument.
Das Recht selbst droht mit Gewalt.
Recht ist Waffe.
Recht impliziert Schuld. ==> Schuld ist ebenfalls Waffe.
Die Schuld ist eine noch viel schärfere Waffe, wenn der Schuldiger daran glaubt.
Sowohl die Waffe Recht, als auch die sehr effiziente Waffe Schuld werden von den Unterdrückten kaum erkannt.

Ohne Recht – kein Kapitalismus!
In Unterdrückersystemen ist das Recht die ideologische Fassade der staatlichen Gewalt.

 

Aber wie ist das mit sozialistischem Recht?

Recht ist immer Klassenrecht. Das bedeutet, daß Recht immer die herrschende Klasse privilegiert. Das ist im Sozialismus prinzipiell nicht anders. Um dieses Klassenrecht zu entschärfen, hat man daher in der DDR ein Bündnis aus Arbeitern, Bauern und der Intelligenz geschmiedet. Hier ist nicht der Ort die Funktionsweise diese Bündnisses zu kritisieren, jedoch war das Resultat von den Verhältnissen in der BRD fundamental verschieden. So gab es keine Klasse, die sich wesentlich oder gar grenzenlos bereichern konnte. Mit dem sozialistischen Recht ist das Recht erstmals auf der Seite der Mehrheit.
Härten gibt es nicht. Das Recht als Begriff und Einrichtung ist jedoch immer noch von Herrschaftssystemen abgeleitet. Die Gleichheit aller zu entwickeln, dauert mehrere Generationen. Für diese Gleichheit ist eine grundsätzliche intellektuelle Entwicklung notwendig.
Das DDR-Recht sorgte dafür, daß Arbeiterkinder bevorzugt studieren konnten, um ein Vererben von Privilegien zu unterbinden.
Die Praxis des Sozialismus in der DDR zeigte, daß es im wesentlichen keine Klasse gab, die sich bereichern konnte. Die DDR war im Vergleich zur BRD ein Ausbund an Gleichheit und Gerechtigkeit. Es gab praktisch keine Privilegien. (Jedenfalls keine, über die sich der Westen aufregen könnte.)
Es gab allerdings eine vergessene Gruppe, das war die, der selbständigen Unternehmer. Einige von ihnen konnten sich beinahe ungehindert bereichern. Das wird beim nächsten mal nicht mehr erlaubt.
Der Sozialismus verändert den Rechtsbegriff.
 

Veränderung des Begriffes vom Recht

Historisch bedeutet Recht entsprechend Obigem kulturell verfestigte Hegemonie des Privilegs.
Seit der französischen Revolution wurden jedoch allgemeine Menschenrechte formuliert. Später kamen Bürgerrechte und dann viele andere Rechte hinzu. Allgemeine Rechte entsprechen jedoch nicht dem alten Begriff des Rechts, der Recht als Privileg sieht. Der Begriff des Rechts ist also im Wandel. Der neue Begriff sieht Rechte für alle vor, was eine Forderung der Verantwortung ist. So macht der Rechtsbegriff gleich dem Moralbegriff eine Wandlung durch. (»Vom Ende der unbewußten Moral – Moral und politisches Spektrum«)
Allerdings gibt es bei vielen Menschen noch keine große Unterscheidungsfähigkeit zwischen dem alten und dem neuen Begriff vom Recht. Das nützt der Herrschaft. Erst wenn der neue Begriff vom Recht vom alten unterschieden werden kann und eine Vermischung klar erkannt wird, wird sich etwas ändern.

 

Beispiele für Unrecht im Kapitalismus

Diese Rubrik wird nach Bedarf ergänzt.

14.02.2014
Steuerhinterziehung in Millionenhöhe — versus — Lebensmittelgutscheinfälschung
Am 14.03.2014 meldet die jWder Präsident des FC Bayern Ulrich Hoeneß ist der Steuerhinterziehung in sieben Fällen für schuldig befunden worden und zu 42 Monaten Haft verurteilt worden. Er hatte 27,5 Mio € hinterzogen.
Zum Kontrast (selbe jW-Meldung) wurden im November 2013 wurde ein Erwerbsloser zu 21 Monaten und im Dezember ein weiterer zu 24 Monaten Haft verurteilt, weil sie jeweils Lebensmittelgutscheine mit dem Computer gefälscht hatten. Politiker verschiedener Parteien werteten das Hoeneß-Urteil als Bestätigung für die Existenz des Rechtsstaates.

[Evariste]
 

ergänzt am 19.03.2014, 28.07.2014

Von Evariste

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