Di. Mrz 19th, 2024

Wörter: 918; Linkslevel: +2 Sozialdemokratisierte Linke
Der echte Sozialdemokratismus1 entwickelt Vorstellungen, die die Situation Ausgebeuteter in der kapitalistischen Marktwirtschaft verbessern sollen. Eine dieser Vorstellungen beinhaltet daß die Belegschaft eines Unternehmens Anteile am Unternehmen bekommt und hält. Echte Sozialisten müssen das jedoch für eine Bestechung halten.

 

Was denken sich die, die Belegschaftseigentum fordern?

Was ist Ausbeutung?

Ausbeutung ist die Aneignung des Mehrwertes der Produktion durch den die Produktionsmittel besitzenden Kapitalisten.
 

Ausbeutung verringern

Dieser Ausbeutung sind sich nicht nur echte Linke (ELL ≥ +3), sondern auch echte Sozialdemokraten (ELL = +1)2 bewußt. Bei letzteren mischt sich der Ausbeutungsbegriff jedoch schon mit dem bürgerlichen Begriff der relativen Ausbeutung. Im Unterschied zu echten Linken, die die Ausbeutung abschaffen wollen, wollen Sozialdemokraten sie nur verringern. Eine Variante, in einem Ausbeutungsverhältnis “mehr Gerechtigkeit” zu erhalten, ist trotz aller chauvinisischer Karriere-Ideologie für höhere Löhne zu streiten. Löhne jedoch verfallen und die Motivation für einen Ausbeuter zu arbeiten ist gering. Daher verfallen einige Sozialdemokraten auf die Idee, daß Belegschaften Anteile an der Firma besitzen sollten, für die sie arbeiten. Somit wären sie am Profit beteiligt. Den Löwenanteil würde sich immer noch der Kapitalist oder die Aktionäre einstecken, jedoch wäre es für die Arbeitsmotivation und die persönliche Zukunft gut, wenn Umsatzsteigerungen mit einem gewissen Mehrwertgewinn für die Beschäftigten einhergingen. Die Ausbeutung wäre tatsächlich etwas verringert.
 

Denken sich die Sozialdemokraten, daß sie in Zukunft mehr Anteile am Mehrwert erkämpfen können?

Der Wunsch, am Mehrwert beteiligt zu werden, ist wie noch gezeigt wird, zutiefst kapitalistisch. Sozialdemokraten sehen hier nur den Mehrgewinn für die Beschäftigten. Die untersten Opfer des Arbeitsmarktes, die Arbeitslosen, gar die Obdachlosen oder Flüchtlinge profitieren nicht von einer Belegschaftsbeteiligung ansonsten immer noch ausgebeuteter Beschäftigter. Die Volkshochschulen werden nicht billiger und die Einstellung von Frauen und Behinderten verbessert sich dadurch auch nicht. Arbeitslose und Obdachlose werden in der Tendenz zahlreicher. Womit wir bei der Frage sind:

 

Was bewirkt Belegschaftseigentum?

1. Privilegierung

Da in der Marktwirtschaft die Arbeitskraft zur Ware und ihre Träger die Menschen zur Humanressource degradiert werden, ist der Mensch eine überschüssige Ressource aus der sich die Kapitalisten die Rosinen herauspicken. Diese überschüssige Ressource unterliegt folglich einer Entwertung. Aufgrund dieser überall vorherrschenden Grundbedingung bleiben im Kapitalismus natürlicher Weise Arbeitskräfte übrig, die von den Herrschenden einem mehr oder weniger starken Elend überlassen werden. Deswegen allein ist schon ein Arbeitsplatz in einem Ausbeutungsverhältnis ein kleines Privileg. Eine Gewinnbeteiligung durch Belegschaftseigentum ist sehr viel mehr. Es ist eine Bestechung!
Einer schmalen Schicht lohnabhängig Beschäftigter gelingt es, sich von den durch Prekarität Bedrohten abzusetzen.
Jede Annahme von Privilegien bedeutet eine relative
 

2. Entsolidarisierung der Privilegierten.

Wollen die am Eigentum schwach Beteiligten Beschäftigten ihren Profit in Ruhe genießen, so müssen sie sich gedanklich von den prekären Opfern, den Arbeitslosen sowie den Obdachlosen trennen. Diese Trennung kann nur durch die Konstruktion einer künstlichen Verachtung erfolgen. Ressentiments entstehen3.
Untersuchungen von Sozialwissenschaftlern stellten fest, daß Entsolidarisierung vor allem von denen ausgeht, die etwas zu verlieren haben. (Z. B. können am Profit beteiligte Belegschaften dagegen sein, daß zuviele Leute eingestellt werden.) Der nächste Punkt unterstreicht das noch.
 

3. Teilnahme an der Konkurrenz – Gegnerschaft zu sozialer Verantwortung

Wer an seinem Unternehmen beteiligt ist, ergreift mit hoher Wahrscheinlichkeit Partei im Konkurrenzkampf der Unternehmen. Diese Parteinahme verringert das Bewußsein der eigenen Ausbeutung. Da der privilegierte Ausgebeutete ja Vorteile gegenüber anderen Ausgebeuteten hat.

Zudem entsteht ein Konkurrenzdenken, das sich verinnerlicht. Dieses Konkurrenzdenken bewirkt, daß der privilegiert Beschäftigte vergißt, daß auch seine Konkurrenzunternehmen ausbeuten. Auf diese Weise wird branchenübergreifende oder gar internationale Solidarität unterlaufen.

Neoliberale antidemokratische und antisoziale Ideologien können aufgenommen werden.
Selbst Nationalismus wird ideologisch kompatibel. Einen nationalistisch gefärbten Klassenkompromiß finden wir in der BRD.

 

4. Gegnerschaft zu ökologischer Verantwortung

Immer, wenn der Mensch unter sozialem Druck steht, versucht er, dem Druck auszuweichen oder den Druck weiterzugeben. Der Druck wird immer an schwächere weitergegeben, da diese sich nicht wehren können. Wie die Menschheit sich selbst behandelt, so behandelt sie auch die Natur. Denn die Natur ist noch schwächer. Daher lastet der größte Druck auf der Natur. Arm und Reich bedienen sich schamlos an ihr Das, was wir Biosphäre nennen, unser Ursprung und unsere Lebensgrundlage ist, wird so durch kapitalistischen Konkurrenzdruck zur Ressource. Gewinninteresse und Konkurrenz sind Gegensätze zur Verantwortung. Die Verantwortung zur belebten Natur steht ganz am Ende.

 

Wohlstand und Position im politischen Spektrum

Wohlstand bedeutet Sicherheit. Aber relativer Wohlstand verführt auch zum sozialchauvinistischen Ressentiment. Dadurch kann sich die politische Einstellung nach rechts verschieben. Der Sozialchauvinismus verdrängt die Solidarität zugunsten der egoistischen Bestandssicherung. Linke Politiker sollten daher niemals Klientelpolitik betreiben, sondern das Wohl aller – insbesondere der verelendetsten4 im Auge behalten.

 

Fazit

Wer immer im Kapitalismus Eigentum an Produktionsmitteln besitzt, ist privilegiert und besitzt infolge dessen ein relativ unsolidarisches Bewußtsein. Verantwortung für Gesellschaft und Umwelt wird langsam zur hohlen Phrase oder gleich zynisch hintertrieben.
Belegschaftseigentum ist schlecht für’s Bewußtsein!

[Evariste]
 

1 Echte Sozialdemokratie versucht die Marktwirtschaft menschlich zu gestalten. Sie versucht diesen Kompromiß, da sie sich nicht mit den Eigentümern von Kapital und Produktionsmitteln anlegen will, die ihrerseits aus Erfahrung mißtrauisch auf deren soziale Bemühungen blicken. Die falsche Sozialdemokratie trägt noch den Namen der echten, steht jedoch weit rechts und hat ganz andere Ziele. Sie profitiert von Worten, deren Assoziationen Lügen sind. All das ist in der Serie zur falschen Sozialdemokratie beschrieben.
2 – Nicht zu verwechseln mit den heute sehr bekannten falschen Sozialdemokraten (ELL = -2) die in der BRD in der SPD organisiert sind, In Frankreich gar in einer Partei namens PS („Partie Socialiste“) und in GB in Labour .
4 Siehe auch »Was ist Verelendung?«

Von Evariste

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