Di. Mrz 19th, 2024

Wörter: 1537; Linkslevel: -1 Nichtlinke

Immer wieder ist die Gefährlichkeit der DU-Munition (depleted uranium ammunition) von Politikern bestritten worden. Das sind jedoch Lügen! Hier wird erläutert, warum abgereichertes Uran so extrem gefährlich ist.
 

Physikalischer Exkurs {
Abschirmung von α-Teilchen1 in Materie

Uran ist ein α-Strahler, der α-Teilchen aussendet. α-Teilchen sind Heliumkerne. Sie sind zweifach positiv geladen. He2+ Diese bei Kernreaktionen (Zerfall) entstehenden Teilchen haben eine millionenfach höhere Energie, als man sie bei der Physik der Atomhülle (= Chemie) antrifft. Wenn also radioaktive Strahlung (α, β, γ, n, …) auftritt, durchquert sie Materie rasend schnell und kann auf ihrem Wege viel Energie abgeben. Während β-Teilchen (schnelle Elektronen e) bis zu mehrere mm durch dichte Materie schaffen, kann Gamma-Strahlung auch cm schaffen, da sie kaum mit der Materie wechselwirkt (nicht trifft). Alpha-Strahlung hingegen ist doppelt positiv geladen und ionisiert alles auf seinem Weg befindliche. Infolge dessen kommt sie nur wenige zehn µm weit. Man muß sich einen kleinen Atomkern vorstellen der mit nahezu Lichtgeschwindigkeit durch irgendein Material rast und alle Elektronen, die er unterwegs trifft, davonreißt oder wegschlägt. Je höher er geladen ist, desto größer sind die lokalen Zerstörungen. Wenn der Kern also nur wenige zehn µm schafft, dann heißt das, daß er seine ganze Energie auf sehr kurzem Wege verliert. (→ auch »Was ist schlimm an Kernspaltung?« )}

 

Was ist DU-Munition?

DU-Munition ist extrem durchdringungsfähige (panzerbrechende) Munition, die auf dem Prinzip der Wucht beruht. Wenn man mit Metall Metall durchschlagen möchte, gibt es das Problem, daß das auftreffende Metall sich verflüssigt, da die auftretenden Energien größer sind als die chemischen Bindungsenergien. An dieser Stelle muß man daher mit der hydrodynamischen Theorie rechnen. Es verhält sich also, als wenn man eine Flüssigkeit in eine andere schüttet. Eine Vergrößerung der Energie vergrößert zwar den Wirbel, ändert aber fast nichts an der Eindringtiefe. Will man die Eindringtiefe vergrößern, muß man das Geschoß in die Länge ziehen und seine Dichte erhöhen. Die Eindringtiefe liegt nach der hydrodynamischen Theorie etwa bei

Tiefe = L ρG / ρT

dabei ist L die Länge, ρG die Dichte des Geschosses, und ρT die Dichte des Targets.
Militärs können nicht beliebig lange Pfeile benutzen da diese kein stabiles Flugverhalten haben und bei Rotation präzedieren würden. Daher haben Militärs in der Vergangenheit die Dichte erhöht und Blei verwendet. (Gold ist zu teuer). Die Entwicklung von Panzern stellte einen effektiven Schutz selbst gegen stahlummantelte Geschosse dar. Daher war die Industrie auf der Suche, nach noch dichteren Materialien und verwandte Wolfram das giftig ist und dessen Verbrennungsdämpfe Krebs erzeugen – was Generälen natürlich egal ist. Als die natürlicher Weise kriminelle Kernspaltungsindustrie bei der Anreicherung von Uran einen Abfallstoff erhielt, der kostspielig entsorgt werden mußte nämlich das abgereicherte Uran welches von dem zur Energieerzeugung genutzten Isotop nur noch sehr wenig enthält, trafen sich die Interessen der Rüstungsindustrie und der Kernspaltungsindustrie. Aus strahlendem Abfall wurde Munition. Das bisher schwerste verfügbare Material mit einer bisher ohne Sprengstoff-Explosion nie dagewesenen Durchschlagswirkung kam auf den Markt.

 

Was passiert, wenn DU-Munition auftrifft?

Uran ist ein Metall. Wenn dieses Metall aufschlägt, schmilzt es sich durch den Panzer. Aufgrund der hohen Energie spritzt der Rest überall herum und entzündet sich an der Luft. Der kleine Teil, der es schafft, den Panzer durchzuschmelzen tötet die Panzerbesatzung mit einem grellen Blitz und verbrennt ebenfalls. Bei diesen unvollständigen Verbrennungen entsteht Rauch (Asche=Uranoxid und Urandämpfe) und daraus winzige mikrometergroße Uranteilchen. Diese Teilchen und der Rauch kontaminieren das Fahrzeug und die Umgebung sie gelangen als schwerer lösliche Bestandteile ins Grundwasser und verseuchen die Kriegsluft.
Militärisch gesehen ist es eine Katastrophe, auf dem eigenen Territorium mit DU-Munition angegriffen zu werden, da die gesamte Gegend (das Einsatzgebiet) verseucht wird. Wegen der Schweinerei, die beim auftreffen entsteht, ist das Uran nicht wieder einzusammeln. Nur Geschosse, die im Sand gelandet sind, und so noch zusammenhängen, können, wenn sie wiedergefunden werden, mit Schutzmitteln eingesammelt werden. Sie dürfen nicht berührt werden. Firmen die das US-Militär mit der Entsorgung beauftragen wollte, winkten ab – zu gefährlich ist die Entsorgung dieser gebrauchte Munition.

 

Aber was ist jetzt das Gefährliche daran?

Wir erinnern uns an den Physik-Exkurs und an die Größe der Teilchen. Betrachten wir einen α-Strahler von weitem, ist das nicht gefährlich. Die Halbwertsdicke der Luft beträgt 6,4cm. D. h., daß man in einem ausreichenden Abstand z. B. einem halben Meter keinerlei Wirkung mehr nachweisen kann. Da α-Strahlung seine Energie so schnell verliert, kann sie mit einer Postkarte oder ein paar dm Luft abgeschirmt werden. Noch ungefährlicher ist zunächst massives Uran. Dieses ist so dicht, daß es sich selbst auf einigen Mikrometern abschirmt. D. h. daß nur die äußersten Mikrometer eines Urankörpers überhaupt (α-Teilchen) nach außen strahlen. Die Selbstabschirmung ist effektiv, solange man das Uran nicht anfaßt oder sich nicht dauerhaft im Bereich weniger Vielfacher der einfachen Abschirmlänge befindet.
Nun das schlimme:
Durch die Verbrennung der Uranmunition entstehen kleinste Teilchen, aus Asche oder Uran, die nur noch wenige Mikrometer groß sind. Ein solches Phänomen ist typisch für Metallbrände, da Asche kondensiert und auch restliches unverbranntes Uran kondensiert.
Nun sind die Teilchen aber kleiner als die Abschirmlänge des Urans – die Selbstabschirmung funktioniert nicht mehr und die Teilchen können außerdem eingeatmet werden. Das bedeutet, daß jetzt praktisch die gesamte radioaktive Strahlung – auch die gefährliche α-Strahlung aus dem Material herausgelangt. Wird ein solches Teilchen eingeatmet, findet es in der Lunge eine riesige Fläche, um sich einzunisten. Berührt ein solches Teilchen bestehend aus α-Strahlern die Zellen der Lunge, strahlt es mit hoher Wahrscheinlichkeit in Richtung Lungengewebe. Gelangen die doppelt geladenen α-Teilchen direkt ins Lungengewebe, verlieren sie dort auf wenigen zehn µm ihre Energie und verbrennen überall dort, wo die Asche- und Metallteilchen sich festsetzen, das Gewebe rundherum. Die kondensierten µm-großen Teilchen sind zu klein um von den Flimmerhärchen aus der Lunge transportiert zu werden. Dadurch entsteht Krebs.

Zusätzlich zur radioaktiven Wirkung von der α-, β- und γ-Strahlung der Uranisotope ist Uran auch noch ein chemisches Gift. Auch chemisch ist Uran ein Ultragift.

 

Medizinische Wirkungen

In »Uran-Geschosse: Schwergeschädigte Soldaten, mißgebildete Neugeborene, sterbende Kinder«2 von Siegwart-Horst Günther sind ein paar Zahlen über die Opfer und auch Zahlen über die Radioaktivität an der Oberfläche der Geschosse (11 µSv) angegeben. Wir wissen jetzt, daß die Oberflächendosis nicht viel aussagt.
In einer Publikation »Uran-Geschosse«3, die bei der DFG-VK erhältlich ist, zählt Siegwart-Horst Günther folgende Leiden bei Neugeborenen auf:

  • Hydrocephalus mit Hirnnervenstörung und Schwachsinn

  • Phokomelie einer ausgeprägten Mißbildung der Extremitäten wie nach Kontergan

  • fehlende Knorpelbildung der unteren Extremitäten

  • Fehlbidung eines Beines mit Greiffunktion einer Hand

  • Fehlbildung, Zusammenwachsen der Finger und der Zehen

  • Lippen-Kiefer-Gaumenspalte

  • Abdominalspalt

  • Spina bifida

Die meisten dieser Mißbildungen durch Uran wurden im Irak beobachtet. Mittlerweile wird auch von Leukämie und Immunschwäche berichtet.

 

Von wem wurde die schädliche Wirkung von DU bisher geleugnet?

Geleugnet wurde dieser Sachverhalt von allen NATO-seitig an solchen Einsätzen Beteiligten – von den US-Amerikanern sowieso, – u. a. vom deutschen Kriegsminister Scharping und dem damaligen Kriegskanzler Schröder.

 

Mit welchen Begründungen wurde diese Gefährlichkeit geleugnet?

Die Gefährlichkeit wurde mit dem unzutreffenden Argument geleugnet, daß abgereichertes Uran eine nur schwach höhere Radioaktivität, als die natürliche Umgebungsradioaktivität hätte. Über die Gefährlichkeit der Kontamination mit α-Strahlern und über die Aufhebung der Selbstabschirmung bei kleinen Teilchen wurde nie ein Wort verloren. Kritikern der Anwendung von DU-Munition wurde über Jahre hinweg Unseriosität vorgeworfen.

 

Was muß geschehen?

Wie in »Was ist schlimm an privater Rüstungsindustrie?« bereits gefordert, muß DU-Munition geächtet werden. Ebenso der Einsatz von abgereichertem Uran als Panzer4.
Bisherige Einsatzgebiete müssen entseucht, Opfer entschädigt werden! (Irak, Kosovo, Bosnien, …)
Allgemein muß die militärische Anwendung von Stäuben aus α-Strahlern geächtet werden! Radioaktiver Krieg ist verboten!

Unsachgemäßer Umgang (nicht feuersichere Lagerung) von α-Strahlern muß mit Strafen sanktioniert, die Verteilung in der Umwelt und die Kontamination der Umwelt strengstens verboten werden.

 

Aktualisierender Nachtrag vom 03.04.2011
Einsatz von abgereichertem Uran

Einsatz im Krieg

Bisher wurde abgereichertes Uran im zweiten Golfkrieg (erster USA-Irak-Krieg), in Bosnien, im Kosovo-Krieg, in Tschetschenien, in indisch-pakistanischen Grenzkonflikten, im Irakkrieg (zweiter USA-Irak-Krieg) im Krieg der NATO gegen Libyen und in Mali eingesetzt.
 

Einsatz auf Schießplätzen

Salto di Quirra in Italien
Erkrankungen italienischer Soldaten und Krebs bei Anwohnern. Das “Quirra – Syndrom”. Ermittlungen über einen NATO-Schießplatz
Vieques in Puerto Rico
>Eine Insel wurde verseucht.

Torii Shima Okinawa in Japan
Eine Insel wurde total verseucht und ist unbewohnbar.

Grafenwöhr in Deutschland

Cape Wrath in Schottland
Versuch, in Schottland DU-Munitioneinzusetzen, nach Protesten Umzug nach Puerto Rico.

In den USA selbst
Schießplätze gibt es in/auf Pohakuloa in Hawaii, Oahu in Hawaii, Yuma in Arizona, Picatinny Arsenal in New, Jersey, Aberdeen in Maryland, China Lake Naval Air Weapons Station in Kalifornien, Nevada, Otis Air National Guard Base in Massachusetts, Dahlgren Naval Surface Warfare Center in Virginia, … und verschiedene stillgelegte Übungsplätze.

[Evariste]
Zuletzt aktualisiert 03.04.2011, 14.10.2011, Wiederhergestellt am 23.04.2013

 
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1 Das Wort Teilchen kommt in diesem Text in unterschiedlichen Bedeutungen vor. Einmal (hier) als Elementarteilchen bzw. Atomkern, später dann als kondensiertes Teilchen bestehend aus vielen Atomen. Ein Teilchen ist etwas kleines und das Wort kann mehrere Bedeutungen haben. Auch ein Staubkorn ist ein Teilchen. Später kommt “Teilchen” bestehend aus Atomen im Text vor. Gemeint sind hier Cluster oder Nano- oder Mikro-Teilchen aus Metall oder Metalloxid.
2 ISBN 3-89484-805-7
3 »Uran-Geschosse«, Prof. Dr. Dr. med. Siegwart-Horst Günther, Herausgeber: Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte Kriegsdienstgegnerinnen, Pf 1426, 24904 Flensburg, oder online: http://www.bundeswehrabschaffen.de/cms/bwabschaffen/broschueren/uran/uranbroschuere.htm#_ftn17
4 Das würde niemand tun, der nicht seine eigenen Verteidigungsanlagen verseuchen will – aber man weiß ja nie.

Von Evariste

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