Di. Mrz 19th, 2024

Wörter: 1876; Linkslevel: +3 Linke
Erörterung eines Zuganges zum Verständnis des etablierten Rechtsextremismus. –

 

Was ist Recht? – Was ist ein Rechtssystem?

Siehe auch Linkes Lexikon: Recht, Linkes Lexikon: Rechtssystem.
Ein Staat ist das Machtinstrument seiner herrschenden Klasse. Als dieses Machtinstrument muß er Gewalt ausüben. Die Ausübung dieser Gewalt ist ungerecht und muß verschleiert werden. Ein Teil der Gewalt wird als delegierte Gewalt ausgeübt. Delegierte Gewalt ist z. B. ökonomische Gewalt. Diese Gewalt ist verschleiert. Die restliche unverschleierte Gewalt muß als gerechte Gewalt dargestellt werden – ihre Ungerechtigkeit verschleiert werden. Dazu gibt sich ein Staat ein Rechtssystem. Schon früh entstanden Rechtssysteme aus der Demagogie von Besitz- und Herrschafts-ansprüchen und Besitz- und Herrschaftstiteln.

Das Rechtssystem ist die demagogisch konstruierte Fassade, eines jeden Staates, das die Ungerechtigkeit der ausgeübten Gewalt verschleiert. Das entstehende Recht ist eine weitverzweigte Illusion von Gerechtigkeit. Dieses Recht sichert die Privilegien der Herrschenden und regelt klasseninterne Interessenkonflikte. Die jeweils klasseninternen Interessenkonflikte sind relativ zu den einzelnen Interessen ziemlich „gerecht“ geregelt. Politische Fragen jedoch, und das sind Fragen, die die Macht der herrschenden Klasse, das Eigentum oder die Privilegien der Herrschenden berühren, können nicht gerecht geregelt sein, den sie sind der Grund für die Entstehung des Rechtssystems. Die gerechte Regelung unpolitischer Fragen gehört zur Fassade des Rechts. Sie muß in einem modernen Staate mit gebildeten Unterdrückten sehr umfangreich sein. Tausende von Regelungen sind so entstanden. Das politische Recht jedoch unterliegt einem Kampfe. Es ist dies’ der Klassenkampf. Durch diesen Klassenkampf entstehen kleine Erosionsstellen im Klassenrecht. Unterdrückte erkämpfen einzelne Rechte. (Z. B. Lohnfortzahlung im Krankheitsfall.)

Das Recht selbst ist im Rechtssystem institutionalisiert und kommt demagogisch neutral daher. Diese Neutralität wird gern mit einer Augenbinde symbolisiert, die das Ansehen der Person und ihres Einflusses vor dem Rechtssystem symbolisch verheimlicht.

Diese Neutralität ist eine Illusion, wie man leicht anhand tausender Beispiele an jedem Rechtssystem nachweisen kann. (Deals und Kaution in den USA, Anwaltspflicht und -Kosten in der BRD, …)

 

Was ist rechts im Recht?

Beispiele scheinbar sinnlosen Rechts

  • Trotz Mangels an bezahlbarem Wohnraum ist das Besetzen leerstehender Häuser verboten. Dafür gibt es einen Grund: Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum läßt sich ausbeuten. Wie bei den meisten politischen Problemen verstecken sich die Übeltäter hinter dem Eigentum.
  • Trotz der Diskriminierung von Kindern, Alleinerziehenden und Singels werden monogame Sexualbeziehungen durch die sogenannte Ehe bevorzugt. Heiraten zwei Menschen kann es in den meisten Staaten eine Pflicht zum sorgenannten „Vollzug der Ehe“ geben. Diese tritt insbesondere in besonders frauenverachtenden oder in ausländerfeindlichen Gesellschaften auf. Sehr bekannt ist daß Ehen mit Ausländern aus armen Ländern in reichen Ländern unter dem Verdacht der Wohlstandsmigration stehen. Der Staat kontrolliert, ob es eine (sexuelle) Beziehung gibt und wird zum Zuhälter. Bei einer Ehe heiraten zwei Menschen eigentlich den Staat — das heißt, daß ihre praktische Sexualität auf eine gesetzliche Grundlage gehoben (oder erniedrigt) wird. Heiratet man kirchlich, hat man neben dem Staat noch die Kirche im Bett. Für all das gibt es einen Grund: Heirat ist der einzig legale Weg Klassenschranken nach oben zu durchbrechen. Es ist klar, daß dieser legale Weg einer Regulierung unterliegen muß, die eine zu massenhafte Nutzung verhindert und das Klassenrecht erhält. (Siehe hierzu: »Warum ist die BRD eine Klassengesellschaft?«) Den legalen schnellen Weg zum erstrebten Paß finden genau die, die das entsprechende fremdenfeindliche Ressentiment durch genehme biologische Merkmale kompensieren können. Dazu reicht dem Rechtssystem das (biologische) Urteil eines einzelnen (betroffenen) Quasivolksgenossen, wenn es denn nicht geschwindelt ist. Jede Person hat das (ungeschriebene) Recht, einer einzelnen in der Klasse unter ihr stehenden, den Klassenaufstieg zu ermöglichen. Ohne eine solche Einladung muß der Klassenaufstieg erarbeitet oder erschwindelt werden.
  • Trotz eines (neuen) Diskriminierungsverbotes müssen alle, die Sozialhilfe bzw. Arbeitslosengeld II beantragen, einen Offenbarungseid leisten. Sie sind als Bedürftige automatisch des Betruges verdächtig. Dafür gibt es einen Grund: Verdächtigung und Kontrolle sind Ausdruck von Diskriminierung. Öffentliche Diskriminierung geschieht nur im Rahmen einer Schulddiskussion. Diese Schuld wird hier implizit vorausgesetzt. Gleichzeitig wird sie in der öffentlichen Meinung durch autoritäres Handeln erzeugt. Sie ist der Dreh- und Angelpunkt. Ohne sie müßte man die Ausbeuter zwingen, Arbeitsplätze zu schaffen.
  • In den Arbeitsämtern (Neudeutsch: Jobcentern) arbeiten sogenannte Arbeitsvermittler. Diese Arbeitsvermittler vermitteln jedoch keinen einzigen Arbeitsplatz (allenfalls Jobs). Sie schikanieren und kontrollieren die Arbeitsllosen. Sie sind Aufseher und verhängen nach eigenem Gutdünken Strafen ohne Gerichtsbeschluß. Diese Strafen dürfen sogar das Existenzminimum verletzen. Dafür gibt es zwei Gründe: Arbeitslose haben verminderte Menschenrechte. Das ist notwendig, um eine Klasse zu schaffen, die noch unter der Klasse der lohnabhängig Arbeitenden liegt. So entsteht Furcht vor dem sozialen Absturz, aber bei Akzeptanz der Situation auch Verachtung für die niedrigere Klasse. Diese Verachtung ermöglicht die Beherrschung der Unterdrückten. — Die Angst vor dem Absturz ist lukrativ für den Ausbeuter.

All diese Maßnahmen sind rechtsgerichtet. Sie sind menschenverachtend ohne jedoch das Recht auf Leben direkt infrage zu stellen.

 

Was ist Rechts-extrem?

Einige Vertreter des Rechts feiern die scheinbare Neutralität des Rechts und fällen gerade in politischen Fragen sehr harte scheinbar gerechte Urteile. Auf diese Weise kommt es zu Härten und zu Erbarmungslosigkeit. Die Erbarmungslosigkeit wiederum führt zu Widerstand, welcher aufgrund des politischen Charakters des Rechts wiederum rechtswidrig ist und verfolgt wird. Staatsanwälte und Richter verfolgen Widerstand gegen das Rechtssystem mit heiliger Empörung.

Kommt die Erbarmungslosigkeit nun dadurch zustande, daß Staatsanwälte und Richter von der klassenpolitischen Neutralität des Rechts überzeugt sind?

 

Was ist rechtsextrem?

Einschub{
Im Anfängerartikel »Was ist der Unterschied zwischen Links und Rechts?<«, und im Fortgeschrittenenartikel »Was ist der Unterschied zwischen Rechts und Links?<«, wurde eine Anzahl von Feststellungen getroffen, die es erlauben, zu erklären, was rechtsextrem ist. Die Artikel »Was ist für Linke asozial?«, »Was ist ein Ressentiment? – Wie funktioniert ein Ressentiment?« und »Warum ist man rechts oder links – Wie erzieht man Rechte und Linke?« vertiefen diese Erkenntnisse.
}
Rechtsextrem ist die Kultivierung der Ungleichheit und Erbarmungslosigkeit. Rechtsextremismus bedeutet gelebte Brutalität, Schmerz und Wut als Lebensgefühl. Rechtsextremismus schreit nach Strafe. Der Rechtsextremist nimmt jedes dargebotene Opfer dankbar an. Jede noch so fadenscheinige Begründung für die vorgebliche Legitimität seiner Mißhandlung, Demütigung, Bestrafung oder gar Tötung wird akzeptiert. Rechtsextremismus ist Kultur des Ressentiments. Rechtsextremismus wenn er sich nicht hinter der Rechtsform verbirgt, ist reine Kriminalität.
Rechtsextremismus pflegt Verfahren, nach denen — formal korrekt und oft mittelbar — das Recht auf Leben mißachtet werden kann. Im Unterschied zum Faschismus wird das recht auf Leben jedoch noch nicht bestritten.
Ein Rechtsextremist bastelt sich gern ohne viel Aufwand simple Ideologien, die seine Ressentiments und evtl. daraus folgende Handlungen rechtfertigen.

Daher ist ein Rechtsextremer, wenn er das Recht liebt, immer auch ein Rechts-Extremer!

 

Rechts-extrem ist rechtsextrem!

Sind die Exekutoren des Rechtssystems (hier die Judikatoren) also neutral?

Erstens
Richter und Staatsanwälte sind nicht gleich. Es gibt z. B. milde und scharfe Richter.

Zweitens
Ungleiche Einkommen werden dank gewisser Regelungen z. b. bei Arbeitslosigkeit (Prozeßkostenhilfe) oder bei Geldstrafen (Höhe des Einkommens, Ratenzahlung) schon teilweise berücksichtigt. (Das liegt daran, daß diese Berücksichtigung bereits erkämpft wurde.) Sie werden aber noch lange nicht überall berücksichtigt und das wissen nicht nur die Rechtsanwälte, sondern auch ihre Gegenspieler die Beamten im Gericht.
Am meisten aber wissen es die Profiteure des Systems, die Reichen, die Unternehmen und ihre Rechtsanwälte.

Drittens
Staatsanwälte in fast allen entwickelten kapitalistischen Staaten machen genau dann Karriere, wenn sie „erfolgreiche“ Prozesse führen. Das heißt – klar – daß sie gewinnen müssen. Von daher ist ihre jeweilige Überzeugung mit ihren ökonomischen Interessen verknüpft.

Viertens
Den Judikatoren kann es nicht entgangen sein, daß Mitglieder unterschiedlicher Klassen auch unterschiedlich häufig vor Gericht stehen. Das liegt nicht nur daran, daß die Mitglieder reicher Klassen Kriminalität im Sinne des Systems nicht nötig haben. – Aber betrachten wir trotzdem mal diesen Umstand! [Mein Bruder hat einmal zwei Ausländer bemerkt, die vor ihm in eine Parklücke gefahren sind. Als sie seinen Wagen bemerkten, fuhren die beiden ohne ein Wort aus Angst aus der Parklücke wieder heraus und verschwanden. Ich will damit sagen, daß viele Ausländer Angst haben und aus dieser Angst heraus sind sie unter anderem weniger kriminell. Das kann man feststellen, wenn man kriminalisierende Delikte, wie Paßvergehen und migrationsbedingte Grenzverletzungen statistisch abzieht. Blickt man dann auf die Kriminalitätsrate von Ausländern, so sind sie weit weniger kriminell, als Deutsche und ihre Verbrechen richten weit weniger Schaden an. Trotzdem werden sie weit häufiger gefaßt und verurteilt. In den USA sind Indgigene und Schwarze von einem starken Strafrechtsrassismus betroffen.] Wenn man das Klassenschema von »Warum ist die BRD eine Klassengesellschaft?« zugrunde legt, sind Ausländersorten (je nach Status) neben und unter Obdachlosen die niedrigste(n) Klasse(n). Wir gehen also mal davon aus, daß niedrigere Klassen, weil hier am Extrem gezeigt, schneller und höher verurteilt werden, als höhere Klassen. Daher folgern wir, daß Richter und Staatsanwälte trotz oder aus „Erfahrung“ parteiisch verfolgen und urteilen.

Fünftens
Wie wird Gewalt ausgeübt?

U. a. in »Was ist ein Ressentiment? – Wie funktioniert ein Ressentiment?« wurde erläutert, daß Ressentiments Werkzeuge der Herrschenden sind, die es erlauben, anderen etwas anzutun. Gewalt kann also nur mithilfe von Ressentiments ausgeübt werden. Eine Behelfskonstruktion für delegierte Gewalt ist das Gerechtigkeitsempfinden. Wenn der Staatsanwalt also Genugtuung über eine Verurteilung empfindet, dann darf er sich einbilden, daß die Gerechtigkeit obsiegt hat. – Seinen Antrieb zieht er in Wirklichkeit aus der Verachtung der Delinquenten.
Diese Verachtung, weil berufsnotwendig – erfordert zwingend Ressentiments. Aus dem zitierten Artikel wissen wir, daß die Bereitschaft zum Ressentiment (gerade auch zum sozialchauvinistischen) ein allgemeines ist, so daß ein manifestes Ressentiment die Bereitschaft für weitere bedeutet. Und Richter und Staatsanwälte verfügen über das zentrale kapitalistische Ressentiment, das implizit bereits erwähnt wurde – das sozialchauvinistische Ressentiment. Wenn milde Richter in Einzelfällen Härten vermeiden, müssen sie trotzdem in politischen Fragen der demagogischen Rechtsordnung folgen, die naturgemäß Privilegien reserviert.
(Unbewußte) Ressentiments sind Ausdruck von (unbewußtem) Ungleichheitsbestreben. (»Was ist der Unterschied zwischen Links und Rechts?«)

Sechstens
Derjenige Richter, der vom Recht erfüllt ist, erfüllt das ungerechte und immer politische Recht mit Überzeunung und bekämpft die Egalität. Wer die Egalität bekämpft, ist ein Elitarist. Der Elitarist steht rechts.

Es wurde gezeigt, daß man um Staatsanwalt oder Richter zu werden, nicht links sein darf, bzw. dieses nicht zeigen darf.

Wer nun extrem das Recht über das Erbarmen stellt, ist folglich ein Rechtsextremist – denn Recht bedeutet Strafe.

Der Rechts-Extremist ist also ein Rechtsextremist!

 

Rechts-extrem ist rechtsextrem, aber rechtsextrem nicht immer Rechts-extrem

Bekennende Inhumanisten bzw. Leute, die programmatisch offen der Erbarmungslosigkeit frönen, sind jedoch im Umkehrschluß nicht unbedingt Rechts-Extremisten, obgleich viele von ihnen den Staat lieben und das Rechtssystem verehren. Viele von ihnen lieben nur die Gewalt, die vom Rechtssystem kaschiert werden soll. Diese Rechtsextremen lieben das Recht banaler Weise nicht.

 

Linkssystem?

Einige Linke, die das hier beschriebene erkannt haben, sprechen in Abgrenzung vom Rechtssystem mitunter scherzhaft von einem Linkssystem. Tatsächlich stellt sich die Frage, wie ein Linkssystem aussehen sollte. Ein solches müßte strukturell bedingte Ungleichheiten abschaffen, Verschleierungen ächten, und die Triebkräfte für den Sozialchauvinismus abschaffen. Daraus folgt, daß es sich bei den strukturbedingten Ungleichheiten nur um das Privateigentum an Produktionsmitteln handeln kann, das es erlaubt, daß sich wenige den gesellschaftlichen Reichtum aneignen.

Dieses Linkssystem muß Sozialismus sein!

 

Anmerkung

Dieser Artikel soll nicht bedeuten, daß alle bestehenden Gesetze nicht mehr eingehalten werden sollen. Es ist ein Artikel für Linke – d. h. für im Linkslevel weit fortgeschrittene. Der Artikel soll die Illusion vom neutralen Rechtssystem aufweichen. Jedes Recht ist Klassenrecht!
[Evariste]

Von Evariste

Schreibe einen Kommentar