Di. Mrz 19th, 2024

Wörter 2817; Linkslevel: Echte Sozialdemokraten

 

Serie zum Politischen Spektrum

 

Zwingend sollte als erstes der Artikel »Was ist der Unterschied zwischen Links und Rechts?« gelesen werden.

Background»Was ist der Unterschied zwischen Links und Rechts?« (WiUzLuR)
In »Was ist der Unterschied zwischen Links und Rechts?« (WiUzLuR) wurden aus einem einzigen Satz mit zwei Aussagen die grundlegenden Inhalte von Links und Rechts abgeleitet. Trotzdem wird dadurch noch nicht das gesamte politische Spektrum in seiner konkreten Erscheinungsform verständlich. Das wird hier erklärt.

In „WiUzLuR“ wurde erläutert, daß das politische Spektrum zwischen Links und Rechts aufgespannt wird. Wir beobachten nun, daß es dort verschiedene Bewegungen meist repräsentiert durch Parteien gibt, die bestimmte Positionen zwischen Rechts und Links einnehmen. Dabei ist den Parteien in der Regel eine gewisse Breite eigen, so daß es zu Überlappungen kommt.
 

Das Spektrum

Stellen wir uns vor, daß zwischen links und rechts ein kontinuierlicher Übergang existiert. Als Spektrum stellen wir uns dann also vor, daß links die egalitären politischen Richtungen und rechts die elitären politischen Richtungen und auch die dazwischen liegenden Richtungen entsprechend eingeordnet werden.
Auf der rechten Seite des Spektrums befinden sich logischer Weise die Unternehmerparteien, da Rechts die Ungleichheit repräsentiert. Auf der linken Seite befinden sich klassisch die Arbeiterparteien. Das Spektrum hat also an seinen Enden Klassencharakter. Nach allem, was in »Was ist für Linke asozial?« gesagt wurde, sind linke Parteien folglich sozial, rechte asozial.
Nun gibt es (teilweise rudimentäre – wenn auch mitunter noch mächtige) Parteien, die den Klassencharakter des politischen Spektrums vergessen haben – gar leugnen und sich mehr oder weniger in der Mitte zu befinden glauben. Einige dieser Parteien nennen sich sogar (noch) sozial. Andere, die das Links-Rechts-Schema negieren – das heißt leugnen oder scheinbar ignorieren – nennen sich krude oder sektiererisch nach einzelnen Hauptpunkten des Programms (Wenig-Punkte-Parteien), oder Worten, die bei ihren Anhängern einen guten Klang haben (z. B. Freiheit, Demokratie, sozial, grün) und – soweit fortschrittlich – in den Forderungen der linken Bewegungen ebenfalls enthalten (ökologische, demokratische, … Ziele) oder sektiererisch (PBC) bis völlig blödsinnig (Naturgesetzpartei) sind. Auch Bewegungen, die sich absichtlich neutral geben, findet man im Spektrum (Freie Wähler).
Ganz rechts findet man Parteien, die die Ungleichheit selbst (mehr oder weniger offen) zum Programm erheben, ganz links diejenigen, die die Ungleichheit bekämpfen und sich jeglicher Diskriminierung bewußt sind. Man findet oft Minderheitenparteien, die wenn sie nicht nationalistisch sind, eher links und wenn sie nationalistisch sind, natürlich eher rechts im Spektrum.
Diejenigen, die glauben, der links-rechts-Logik ausweichen zu können, sind im Irrtum. Mit ihrer scheinbaren Neutralität stehen sie in Wirklichkeit auf der rechten Seite, da es den Rechten darauf ankommt, den Klassencharakter des Spektrums zu verschleiern, während die Linken versuchen, die Aufmerksamkeit auf die rechts intendierte und von rechts durchgesetzte Ungleichheit aufmerksam zu machen.

Die bekanntesten rechten Parteien sind Unternehmerparteien. Sie nennen sich konservativ und geben sich folglich gemäßigt. In der Regel tarnen sie sich inhaltlich mit der vorherrschenden Religion (BRD CDU(christlich), Indien BJP(hinduistisch), Türkei AKP(islamisch), beziehen sich demagogisch auf des „Volk“(Frankreich UMP), Spanien (PP), … schmücken sich mit Worten wie „Fortschritt“(Spanien UPyD), mit der letzten bürgerlichen Revolution (Mexiko PIR) oder sind mitunter sogar noch monarchistisch. Keine einzige von ihnen nennt sich kapitalistisch, wirtschaftlich oder marktwirtschaftlich oder gar neoliberal, obgleich sie genau das sind!

Die sogenannten sozialdemokratischen Parteien sind eigentlich ehemals sozialdemokratische Parteien (im eigentlichen klassischen Sinne). Sie hatten bei ihrer Entstehung vor über hundert Jahren den Gedanken, den Kapitalismus wegzureformieren. Da das gescheitert ist, hat sich der Gedanke dahin gewandelt, den Kapitalismus zu reformieren, um ihm ein menschliches Gesicht zu geben (halbklassische Sozialdemokratie). Aufgrund von Etablierung, persönlicher Korrumpierbarkeit und der Basisferne etablierter Parteien, sowie vor allem aufgrund eines systematischen Opportunismus ist auch dieses Vorhaben gescheitert, was sich die sogenannten sozialdemokratischen Parteien nicht eingestehen wollen. Dazu haben diese Parteien einen Realitätsverweigerungskomplex entwickelt, der ihnen half, in den neunziger Jahren und kurz nach der Jahrtausendwende sogar neoliberale Politik umzusetzen. Heute setzen diese sogenannten Sozialdemokraten sogar konservative Repressions-, Kürzungs- und Realeinkommenssenkungspolitik durch. In den neunziger Jahren und um die Jahrtausendwende setzten sie sogar neoliberale Konzepte, Kriegs-, und Verelendungskonzepte durch. Der sozialdemokratistische Gedanke, der Reformierung des Kapitalismus ist historisch gescheitert. Die sogenannten (ehemaligen) sozialdemokratischen Parteien in Europa heißen in der BRD SPD, in GB Labour, in Frankreich sogar Sozialisten (PS), in Spanien PSOE, …

Linke Parteien sind auf komplizierte Weise zersplittert. Parteien, die sich sozialistisch nannten, sind eigentlich heute sozialdemokratisch im klassischen oder halbklassischen Sinne. Kommunistische Parteien sind heute oft sozialistische Parteien. Nur dort, wo die Bevölkerungen den Klassenkampf nicht aufgegeben haben, gibt es noch echte kommunistische Parteien. Einige davon sind maoistisch. Der Maoismus konkurriert mit dem Marxismus/Leninismus und setzt sich überall dort durch, wo die Produktion eines Landes hauptsächlich landwirtschaftlich geprägt ist. In Indien, wo es sowohl „alte“, als auch „neue“ Produktivkräfte gibt, gibt es daher sowohl marxistisch/leninistische, als auch maoistische kommunistische Parteien. Kommunistische Parteien sind durch eine streng wissenschaftliche Sicht auf Politik und gesellschaftliche Entwicklung ausgezeichnet. Sie streben die Abschaffung des Privateigentums an Produktionsmitteln an, was als konsequenteste Maßnahme zur Abschaffung der Ungleichheit, für die Ausbeutung und Unterdrückung einen Komplex bildet, an. Für die Ausbeutung wird eben das Privateigentum an Produktionsmitteln verantwortlich gemacht.

In konservativen Kreisen werden sozialistische und sozialdemokratische Parteien zum Zwecke der Denunziation oft als kommunistisch bezeichnet. Gemeinsam haben diese Parteien jedoch nur, daß sie irgendwie links sind. Echte Kommunisten sind heute in den Industrieländern relativ selten. Sogenannte sozialistische Parteien (sozialdemokratisiert) haben sich größten Teils mit dem Privateigentum an Produktionsmitteln arrangiert, behaupten allerdings, es irgendwann abschaffen zu wollen. Parteien, die sich außerdem noch mit der Marktwirtschaft arrangiert haben, nennen wir sozialdemokratisch.

Rechts außen gibt es die rechtsextremen Parteien. Diese unterscheiden sich von den ebenfalls kapitalistischen Unternehmerparteien dadurch, daß sie extremistischer, bzw. am Ende mehr oder weniger faschistisch sind – d. h. – vorgegriffen – daß ihnen der Übergang von der bürokratischen ökonomischen Unterdrückung zum offenen Terror entweder nichts ausmacht, oder sie ihn sogar direkt anstreben. Verbrämt wird dieser Sinn nach Brutalisierung der Verhältnisse durch krude Ideologien von „Nationen“, durch Militär-, Waffen, Kriegs- Liebhaberei. Den Einstieg ins rechtsextreme Spektrum bilden Ressentiments. Von der relativ gemäßigten Frauenfeindlichkeit, über einen unentschiedenen Sozialchauvinismus, zu Rassismus und Biologismus geht die Reise genau wie von Waffenliebhaberei über Militarismus hin zu Bellizismus und Völkerfeindschaft.

Der Anarchismus gehört zu den ganz linken politischen Strömungen. Er strebt die Abschaffung von Herrschaft überhaupt an, während Kommunisten ein weiteres Rechtssystem installieren wollen. Sollte sich eines Tags herausstellen, daß Anarchisten recht haben, wären sie natürlich weiter links anzusiedeln. Wir sind aber Kommunisten, weil wir glauben, daß Anarchisten nicht weiter links sind. Theoretisch könnten sie aber recht haben.

Grüne Parteien haben Umweltschutz, Nachhaltigkeit und Ökologie zum Thema. Diese Themen stehen im Widerspruch zu Herrschaftsinteressen. Je nachdem, in wie weit diese Parteien diesen Widerspruch realisieren, sind sie entsprechend links im Spektrum anzusiedeln. Die meisten Grünen Parteien sind allerdings rechts im im politischen Spektrum angesiedelt. Bei ihnen sind Unternehmerfreundlichkeit, Neoliberaismus, Sozialchauvinismus und sogar Ausländerfeindlichkeit und Kriegstreiberei zu hause.

Liberale Parteien benutzen (benutzten) teilweise Bürgerrechte und Freiheit für Menschen als Aufhängethema. In der Regel sind diese liberalen Strömungen jedoch zum Wirtschaftsliberalismus pervertiert. Das bedeutet, daß man Rechte für Unternehmen fordert. Rechte für Unternehmen stehen (logischer Weise) Menschen- und Bürgerrechten im Wege. Daher sind diese liberalen Parteien heute alle Wirtschaftsliberal und sind somit so wie die Konservativen oder (in manchen Ländern die Klerikalen) eine spezielle Strömung der oben erwähnten kapitalistischen Unternehmerparteien. Die nicht pervertierten wären in der Mitte des politischen Spektrums anzusiedeln, die pervertierten klar rechts wie die Unternehmerparteien. Treten Gewerkschaftsfeindlichkeit und offene Ausländerfeindlichkeit auf, sind sie am rechten Rand der Unternehmerparteien angesiedelt.

Diese Einteilung ist etwas konservativ, da auch rechtsextreme Parteien im eigentlichen Sinne Unternehmerparteien sind. Was sie allerdings auszeichnet ist die notorische Kultivierung von Ressentiments. Sie macht das eigentliche Selbstverständnis und den Antrieb dieser Parteien aus.

Anordnung des Spektrums

Es gibt

            Universelles Schema des politischen Spektrums
ganz links                                               Mitte                                               ganz rechts

kommunistische,
marxistische linke,
    a n d e r e   l i n k e ,
        s o z i a l i s  t i s c h e,
               s o z i aldemokrat i s c h e, 
                                             f a l s c h e  s o z i a l d e m o k r a t i s c h e,
         a l t e r n a t i v-grüne,
                                              grüne
                                                        grüne
                                                                 grüne   
                                                                         grüne    
                                                                                  grüne      
                                                                                         grüne
                                                                                                  grüne,
                                                 liberale    liberale ,
                                                    a  n d e r e  b ürgerliche   andere  bür g e r l i c h e,
                                                                   k l e r i k a l e  klerikale  k l e r i k a l e,
                                                                        k onservative   kons e r v a t i v e, 
                                                                          w  i  r  t s chafts l i b e r  a  l  e,
                                                                                       a u s l ä n d e r f e i n d l i c h e,
                                                                                                    n   a  t i o n a l istische,
                                                                                                                f a s c histische

 A   R    B    E    I    T    E    R  –   ,       -    U     N     T     E     R     N     E     H     M     E     R    -
 –  P   A   R    T    E    I    E    N    ,               –    P     A     R     T     E     I     E     N    -
r e v o l u t i o n ä r e -   ,        -     b      ü      r     g     e      r     l     i     c      h       e    - 

Parteien.

Diese Parteien haben einerseits eine gewisse Breite im Spektrum oder befinden sich je nach Land an einer bestimmten Position. Die Breite der eingetragenen Positionen indiziert eine Kombination aus beidem. Dabei fällt z. B. auf, daß grüne Parteien aus dem Schema herausfallen, weil es grüne Inhalte von links bis rechts gibt. Sie überschneiden sich also je nach Land und Partei mit sozialistischen oder mit konservativen Parteien. In der Bundesrepublik gab es früher Alternativ-Grüne, heute gibt es nur noch neoliberal transformierte Grüne, die auch ausländerfeindlich, sozialchauvinistisch und kriegerisch sein können. Auffällig ist auch die Trennung zwischen kommunistischen und sozialdemokratischen Parteien. Hier sind die Eigentumsfrage1 (Privateigentum an Produktionsmitteln) ein zentraler Unterschied. Sozialisten überschneiden sich mit Kommunisten und mit Sozialdemokraten.
Eine Überschneidung zwischen Sozialisten und menschenfreundlichen Liberalen gibt es nicht, da diese Liberalen nicht das sozialchauvinistische Ressentiment bekämpfen und den Unterschied zwischen Arm und Reich mißachten. Ihre „Bürgerrechtlichkeit“ ist daher dekadent.
Die heutigen sozialdemokatischen Parteien schämen sich ihrer Vergangenheit und wollen den Kapitalismus keineswegs mehr wegreformieren – wie oben behauptet –, sondern behaupten (theoretisch) dem Kapitalismus ein menschenfreundliches Gesicht geben zu wollen. Weiterhin gibt es eine Trennung zwischen sozialdemokratischen und falschen sozialdemokratischen Parteien. Falsche sozialdemokratische Parteien haben diese letzten Ziele aufgegeben, tragen aber noch den Namen „sozialdemokratisch“. Aus diesem Grunde überschneiden sie sich mit konservativen, wirtschaftsliberalen, ausländerfeindlichen und sogar nationalistischen Parteien. Sie sind eigentlich sterbende Parteien, da sie im Spektrum keine neue Identität finden können, die nicht bereits besetzt ist. Die liberalen Parteien sind im Schema in liberale (theoretisch bürgerliche Humanisten) und wirtschaftsliberale getrennt, da beide Inhalte einen antagonistischen Widerspruch bilden. Ihre Überschneidung ist im Nachfolgeartikel trotzdem eingezeichnet, da es zur klassischen Demagogie der wirtschaftsliberalen gehört, öffentlich die Freiheit der Menschen zu fordern, obwohl sie in Wirklichkeit für die ihr entgegenstehende Freiheit der Unternehmen kämpfen (und sie auch entschlossen durchsetzen), und deswegen auch echte Liberale als Feigenblatt bei sich aufnehmen. Die Wirtschaftsliberalen in Deutschland nehmen gern menschenliberale2 als Feigenblatt bei sich auf. Wie dem auch sei – der „echte (menschenfreundliche) Liberalismus“ der für Bürgerrechte eintritt (,existiert kaum), überschneidet sich nicht mit dem Klerikalismus und dem Konservatismus, welche öffentlich Ehe und Familie beschwören, aber eigentlich knallharte Unternehmer- und Konzernpolitik machen. Letztere beiden haben wie der Wirtschaftsliberalismus und der falsche Sozialdemokratismus auch schon mal ausländerfeindliche – gar nationalistische Anwandlungen. Das heißt sie alle diskriminieren ausländische Lohnabhängige stärker als einheimische. Die nationalistischen Parteien erscheinen links ausgefranst, da auch Politiken des “Standortes”, der positiven Außenhandelsbilanz und des Brain-Drain bereits nationalistisch sind. Der Faschismus – das ist der offene Terror der rechten Reaktion (und eigentlich immer nationalistisch) – hat daher prinzipiell die Möglichkeit mit klerikalen, konservativen und wirtschaftsliberalen Parteien zu koalieren. Heutzutage ist das den anderen Parteien jedoch meistens sehr peinlich. Die falschen Sozialdemokraten können auch schon mal faschistische Positionen einnehmen, die Überschneidung mit den Faschisten ist trotzdem gering, weil Parteimitglieder, die sich „sozialdemokratisch“ nennen im Falle einer faschistischen Herrschaft ziemlich schnell verhaftet würden.
Alle, die sich für die Position der Parteien der BRD im politischen Spektrum interessieren, verweisen wir auf den Nachfolgeartikel »Wo stehen die Parteien im politischen Spektrum?«.



Entwicklung des Spektrums


Klassische Rechtsbewegung Fortgeschrittenes Thema

Die politische Landschaft ist in ständiger Bewegung. Dafür gibt es einfache Gründe. Eine politische Partei wird im wesentlichen von zwei Triebkräften bestimmt, dem ursprünglichen politischen Interesse und dem Drang Wählerstimmen zu bekommen. Beide Triebkräfte befinden sich in einem Konflikt. Der Konflikt wird befeuert, von dem Drang älterer Mitglieder, die „es geschafft haben wollen“ und am rechten Rand mit einfachen schnellen Methoden Wähler gewinnen wollen, und neu eintretenden Mitgliedern, die sich der ursprünglichen Idee verpflichtet fühlen. Es kann jedoch passieren, daß sich die Außendarstellung der Partei so stark ändert, daß Leute, die bereits rechts stehen, eintreten. Dann ist die Partei definitiv nach rechts in Bewegung. Die Partei strebt einen neuen Platz im politischen Spektrum an und wird sich von dem linken Teil ihrer Mitgliedschaft auf die eine oder andere Weise trennen.
Grundregel:
Eine Partei „altert“ von links nach rechts. Sie altert mit der Hälfte bis zu einem drittel der Geschwindigkeit, mit der ihre Mitgliedschaft von links nach rechts altert.
Ein Altern nach links ist ausgeschlossen, weil die allermeisten Menschen im Alter nicht zu Workoholics und Revolutionären mutieren, sondern Bequemlichkeit, Anerkennungssucht und Bedürftigkeit im Alter auftreten. Die Korrumpierbarkeit nimmt in der Regel zu, nicht ab.

Demzufolge müssen linke Parteien, sollen sie existieren, links geboren werden. Ist eine Partei, die links sein will erstarrt ist, hilft nur eine radikale und bewußte Erneuerung. Eine solche Erneuerung ist schmerzhaft, da sie das Eingestehen von Fehlern und Lebenslügen mit beinhaltet. Wann hat sich je eine Partei von ihren Karrieristen getrennt? Es gibt ein Beispiel: Die SED-PDS3! Es ist allerdings nicht ganz das Verdienst, dieser Partei, da sich die Karrieristen im Dez89/Jan90 von ihr getrennt haben. Aus diesem Grunde und durch Erneuerung ist eine linke – ja – sozialistische Partei entstanden, die in der Zeit der Zerschlagung und Zerstörung der DDR die einzige relevante, wenn auch viel zu schwache linke Kraft war. Leider hat diese Partei ihre Position im Spektrum nicht weiter links gewählt – den sie ist wie alle sozialistischen Parteien von Anfang an von Sozialdemokratisierung bedroht.

Ohne eine echte Erneuerung kann der Sinn einer Partei komplett verloren gehen oder sogar ein Frontwechsel stattfinden. Das schlimmste, was passieren kann, ist das passive Schweigen über die politische Richtung. Durch passives Schweigen nehmen die Karrieristen das Heft in die Hand und zerstören Philosophie, Sinn und Inhalt der Partei. Je länger eine Partei dem tatenlos zusieht, desto mehr Vertrauen verliert sie und desto mehr zerstört sie sich selbst – selbst, wenn sie im Augenblick noch Wählerstimmen irgend woher bekommt! Die sogenannte „Sozialdemokratische Partei Deutschlands“ ist ein schönes Beispiel für politische Verkommenheit. Im Spektrum findet man sie oben wie auch die englische Labour unter „falsche sozialdemokratische“ Parteien. Man könnte sie auch neoliberal transformierte Sozialdemokraten nennen. Die deutsche SPD rudert derzeit ein wenig zurück und gerät dabei ein wenig in Opposition zu ihrer eigenen Regierungszeit.

Spezielles:
Wenig- und Viel-Punkte-Parteien“

Warum gibt es keine Behindertenpartei, keine Feministische Partei, keine Homosexuellenpartei?
Zunächst wenden wir uns wie oben noch einmal dem Phänomen der „Wenig-Punkte-Partei“ zu, die dadurch gekennzeichnet ist, daß sie mit ihrer nach außen sichtbaren Philosophie bei weitem nicht das Spektrum der politischen Themen abdeckt. Als Beispiel wurde oben die Piratenpartei, die als eine Datenschutzpartei gestartet ist, angeführt. Diese Partei ist immerhin eine intelligente, sachbezogene Partei. – Die meisten Wenig-Punkte-Parteien sind (religiös-) sektiererisch oder haben überhaupt keine klare Richtung wie z. B. die „Freien Wähler“, das Schicksal der Freien Wähler, die ja als eine Art Opposition innerhalb des Parteiensystems angetreten sind, besiegelt sich eben durch das Fehlen einer klaren Philosophie. Ohne Philosophie fehlt es chronisch an Anziehungskraft. Aufgrund dessen kommt es lokal auch schon mal zu rechtsextremen Auswüchsen.
Betrachten wir nun also die Frage, warum intelligentere, politischere Bewegungen wie zu Beispiel Vertretungen diskriminierter Minderheiten keine Parteien gründen (können).
Es gibt das Beispiel der Grauen4(, ~ Panther), die es seit langer Zeit gibt, die es jedoch nicht in Landtage oder den Bundestag schaffen.
Diese Parteien haben (hätten) keine Chance, da die meisten (Homosexuelle, Feministinnen, Behinderte) selbst bei hundertprozentiger Ausschöpfung ihres Wählerpotentials in der Regel die undemokratische 5 %-Hürde nicht überspringen können.
Wir Kommunisten insistieren, daß es außerdem wenig emanzipativ ist, eine Wenig-Minderheiten-Partei zu sein. Alle diese diskriminierten Minderheiten zu vertreten, wird nämlich von sozialistischen und kommunistischen Bewegungen geleistet. Es gibt neben dem bürgerlichen Spektrum also Parteien, die alle diese Punkte integrieren.

Diskriminierte Minderheiten sind:
Alleinerziehende,
Alte,
Arbeitslose,
Arme,
Asylbewerber,
Ausländer,
äußerlich abweichend Erscheinende,
Behinderte,
Flüchtlinge,
Farbige,
Frauen,
GKV-Mitglieder,
Häßliche,
Homosexuelle,
Juden,
Kinder,
Kommunisten,
Kranke,
Linke,
Lohnabhängige,
Mieter,
Muslime,
Obdachlose,
prekär Beschäftigte,
Prostituierte,
Verbraucher,
Zeitarbeiter,


Integriert man diese Minderheiten erfolgreich, reicht es aus.
Sozialistische und kommunistische Parteien sind außerdem in extremem Maße „Viel-Punkte-Parteien“, da sie zu praktisch jedem politischen Thema über ausgearbeitete Strategien verfügen.
Kapitalistische Parteien (Nicht-Arbeiterparteien) diskriminieren diese Minderheiten.

[Evariste]
 

bearbeitet am 08.06.2016; Ver.: 1.1

 
Nachfolgeartikel

Anfänger: »Wo stehen die Parteien im politischen Spektrum?«
Fortgeschrittene: »Warum alternative Modelle zum politischen Spektrum falsch sind – Fortgeschrittenes zum politischen Spektrum«

 

Serie zum Politischen Spektrum

 

2 („menschenliberal“ im Gegensatz zu „wirtschaftsliberal“) Deswegen gibt es keine „menschenliberale“ Partei in der BRD, die sich auch so nennt. Menschenliberal ist im Prinzip die jetzt noch recht linke Piratenpartei, die die Eigentumsfrage vorsorglich ignorieren und bürgerliche Altenparteien, wie die Grauen.

3 Die SED-PDS existierte in einer kurzen Übergangszeit (einige Monate am Jahreswechsel 1989/90)

4 Die Grauen zählen wir wie ÖDP und Freie Wähler zu den anderen Bürgerlichen.

Von Evariste

Schreibe einen Kommentar