Di. Mrz 19th, 2024

Wörter: 2819; Linkslevel: +1 Echte Sozialdemokraten

Auswertung (u. a.) der demagogischen bzw. repetitiven — jedenfalls völlig unkritischen — arte-Sendung »Mein wunderbarer Arbeitsplatz«
 

Ausbeutung wird heute, obwohl sie so groß ist wie nie zuvor, von vielen Bewohnern der industrialisierten Länder kaum wahrgenommen. Das liegt zum großen Teil an ihrer eigenen erworbenen Menschenverachtung. Hier werden dessen ungeachtet die Methoden, die Prügel und Lohnabzug als Strafe überflüssig und Entlassung als Regulativ deutlich ökonomisieren, vorgestellt.

 

Was ist Ausbeutung?

Ausbeutung der Arbeitskraft bedeutet, daß der oder die Ausbeuter sich den Mehrwert der Arbeit, also den Teil der Arbeit, der nicht zur Erfüllung der zur Reproduktion der Arbeitskraft notwendigen Bedürfnisse dient, aneignet. Dieser Teil macht heute den größten Teil der materiellen Produktion aus, was bedeutet, daß der Wert, den ein Arbeiter oder Beschäftigter durch menschliche Arbeit erzeugt, zum allergrößten Teil von Ausbeutern angeeignet wird. (Maß der Ausbeutung ist die Mehrwertrate.) Die Ausbeuter selbst sorgen dafür, daß der Arbeiter einen möglichst kleinen Teil der erzeugten Wertes erhält. Es kommt in vielen Ländern sogar sogar vor, daß der Lohn der Arbeiter unter die zur materiellen Reproduktion der Arbeitskraft notwendigen Betrag fällt. Dann gibt es Tote durch Krankheit. All dies’ ist möglich, weil die Träger der Arbeitskraft offenbar gezwungen sind auf solche Arbeitsverhältnisse einzugehen. Sie werden durch reales Elend gezwungen. Anders herum gibt es ein Ideologem, das den Ausbeutern hilft, diese Macht zu erhalten: Es ist das Eigentum an Produktionsmitteln. Dieses Eigentum wird mit Waffengewalt verteidigt. Damit Eigentümer von Produktionsmitteln nicht dastehen, wie Räuber, wird die Gewalt institutionalisiert und die Ausübung der Gewalt formalen Regen unterworfen, deren Kontrolle ebenfalls institutionalisiert wird. Die Bildung von Polizei und Justiz führt zum einen zu großer Synergie der Unterdrückung, da sich alle Ausbeuter durch Klassenbildung ihrer bedienen können und nicht jeder seine eigenen Pistoleros benötigt, zum anderen zur Möglichkeit einen rechtfertigenden ideologischen Überbau zu schaffen, an dem Beamte, Professoren und Karrieristen aufgrund ihrer spezifischen Interessen und der aus dem Bedürfnis nach Rechtfertigung resultierenden geistigen Unfreiheit fleißig herumzimmern. Auf diese Weise lernen alle, die in diesem System aufwachsen, Unterdrückung, Ausbeutung und Menschenverachtung als Normalität kennen. Sie werden blind gegenüber der Ungerechtigkeit, daß sie Bewerbungen schreiben müssen, während andere, die über die Produktion oder gar über das Öffnen und Schließen von Betrieben entscheiden dürfen, nicht einmal gezwungen werden, Arbeitsplätze zu schaffen und diesen Bewerbungsdruck nicht haben, da sie ja die Produktionsmittel besitzen. Selbstverständlich wird die Tätigkeit der Ausbeuter (in einer Ausbeutergesellschaft) als heldenhaftes oder weises Management glorifiziert.
Als solche Weisheiten gelten dann moderne Methoden der Ausbeutung.

 

Grobe Methoden der Intensivierung der Ausbeutung

Die groben Methoden der Intensivierung der Ausbeutung zielen darauf ab, Durch Gewerkschaften erkämpfte Errungenschaften der Beschäftigten zu umgehen oder auszuhebeln. Sie wurden im ersten Teil beschrieben.
 
Ausbeutung wird nur durch starke und breit organisierte und vor allem linke Gewerkschaften verringert.

 

Subtile Methoden der Intensivierung der Ausbeutung

Die subtilen Methoden, um die es hier geht, betreffen das Arbeitsklima und die ideologische Beeinflussung der beschäftigten am Arbeitsplatz. Dadurch wird Strafe ökonomisiert, die zur Ausbeutung nötige Unterdrückung zum Teil an die Ausgebeuteten selbst delegiert und ein produktiveres Klima geschaffen. Interessant sind die Methoden bei allen Tätigkeiten, die im Kreativitätsniveau zwischen Maloche und höchster Kreativität liegen.
Nach dem zweiten Weltkrieg setzte in den USA und in Westeuropa eine stürmische wissenschaftlich/technische Entwicklung ein, die bis heute anhält.

 

Angenehmer Arbeitsplatz

Man fand im20. Jahrhundert heraus, daß sich die Arbeitsproduktivität beträchtlich steigern ließ, wenn sich die Beschäftigten an ihrem Arbeitsplatz wohl fühlen. Marxisten wußten das bereits. Etwas später kümmerte man sich um das Arbeitsklima und seit den 90er Jahren spricht man sogar über das Mobbing, das in den 70ern noch schlechter Stil war, drei Jahrzehnte später jedoch zur Straftat wurde.

 

Zielorientierung statt Arbeitszeitkontrolle

Diese “Methode” wurde und wird teilweise bis heute als besonders “fortschrittlich” gefeiert. Tatsächlich ist de Ausrichtung einer Arbeitskraft an Zielvorgaben im direktesten Sinne “zielführend”. Arbeitszeit kann selbst eingeteilt werden. Dieser Gedanke mußte sogar erst unter Ausbeutern “durchgesetzt” werden. Man argumentierte, der Ausbeuter (“Arbeitgeber”) müsse der Arbeitskraft “vertrauen” das würde sich “bezahlt machen”. Daran ist nicht( einmal etwa)s falsch. Jedoch Ist das Problem des Vertrauens ein umgekehrtes. Die Zielstellungskontrolle dient z. B. in der Praxis des Zeitungsaustragens, verschiedener Dienstleistungen und Produktionen und sogar in der “Zeitarbeits”-Branche der routinierten Verschärfung der Ausbeutung, da es keine Kontrolle gibt, ob nicht zu viel verlangt wird. – Sie kann sogar dem Mobbing durch den Vorgesetzten dienen. Auch durch jahrzehntelange Arbeitskämpfe erlangte Errungenschaften, wie die Arbeitszeitbegrenzung, oder sogar die Freizeit am Wochenende oder die Urlaubszeit können hierdurch angegriffen werden, wenn es gelingt, die Ideologie und den (menschenverachtenden) Standpunkt des Ausbeuters unter Belegschaften zu verankern. All dieses geschieht raffiniert unter der scheinheiligen Prämisse, die Beschäftigten wären glücklich, wenn sie für ihre eigenen Ziele arbeiteten. Dabei wird geflissentlich übersehen, daß diese Ziele nur dem Profit der Aktionäre, den ökonomisch unbedeutenden Boni der Vorstände und vielleicht der Karriere von einigen Leitern nützt.

 

Neue Produktionsmittel

Der Computer als erschwingliches Produktionsmittel bringt es mit sich, daß man einige Arbeiten auch zu Hause („Home Office“) aus erledigen kann. Trotzdem hängt der Arbeitsplatz immer noch vom Kapital ab. Allerdings können viele heute auch von zu Hause aus arbeiten und einige Unternehmen lassen eine teilweise Arbeit von Zuhause aus zu. Dazu paßt die oben besprochene Zielorientierung der Arbeit. Den umgekehrten Weg geht man genauso, man vereint neuerdings wieder Leute in Großaumbüros, die dafür etwas besser schallgedämmt sind, als früher. Beides wird als besonders beschäftigtenfreundlich verkauft.

 

Ideologische Beeinflussung

Die ideologische Beeinflussung hat das Ziel, die Selbstausbeutung im Produktionsprozeß zu erhöhen und so den auf die Ausgebeuteten auszuübenden Zwang zu ökonomisieren. Ein Beispiel – die (ideologische verpackte) Zielorientierung – hatten wir gerade. Es gibt noch viele mehr.
 

Teamarbeit

Von geradezu kanonischer Wichtigkeit ist das Ideologem von der Teamarbeit. Das liegt daran, daß Produktionsprozesse oder andere Arbeiten heute sehr auf starker Kooperation beruhen. Mitarbeiter im kapitalistischen Kollektiv „Team“ sollen sich möglichst auf andere einlassen und kooperieren. Leider ist ein Teamarbeiter in der persönlichen Performance immer schwächer, als allein. Daher versuchen Ausbeuter diesen Mangel auszugleichen, indem sie die Teamarbeit ideologisch erhöhen und bereits eine ideologische Vorauswahl bei den Arbeitskäften nach sogenannter „Teamfähigkeit“ treffen. In Japan treten Teamarbeiter stärker hinter die Gruppe zurück, während in Europa der Einzelne etwas stärker im Vordergrund steht. Letzteres ist für kreative Aufgaben besser, ersteres mehr für die Performance insbesondere zeitkritischer und sich wiederholender Prozesse.
 

Karriere

Ein Beispiel hatte wir gerade. Akzeptiert man die Unmenschlichkeit des Kapitalismus – und eigentlich wird sie nicht direkt akzeptiert, sondern verschleiert – kann man sich auf seine Karriere konzentrieren. Dieses bedeutet aber, daß man andere ausstechen muß. Die Akzeptanz dieser Bedingung sagt viel über diese Gesellschaft aus, in der tatsächlich Menschen übrigbleiben, die (selbst, wenn sie den starken Wunsch haben,) nicht mehr in den Produktionsprozeß integriert werden. Karrierebewußtsein ist definitiv unsolidarisch.
 

“Selbstverwirklichung”

Die sogenannte Selbstverwirklichung tut der Ostler als Westspinnerei ab. Es handelt sich jedoch um ein kapitalistisches Ideologieelement, das den Egoismus als “Individualität” die Einsamkeit der Arbeit als Heldentat euphemisiert. Solipsistisches Unternehmertum und Scheinunternehmertum wird gorifiziert und als mutig gefeiert, sein Untergang schamhaft verschwiegen.
 

Unternehmenskult, Manipulation der Identifikation, Arbeits-Chauvinismus

Einige Unternehmen pflegen spezielle Unternehmenskulturen. Diesen muß man sich unterordnen und sich mit dem Unternehmen identifizieren. Diese Unterordnung kostet Energie, bietet aber mit der Überwachung die Kontrolle, alle, die sich nicht unterordnen, als Störer auszusortieren. Die sich beugen und die Energie dafür aufbringen, sind aufgrund der ideologisch vermittelten Menschenverachtung so unsolidarisch, dieses Sich-Beugen auch von anderen zu fordern. Sie belügen sich selbst, was Energie kostet, und empfinden die geistige Freiheit und Unabhängigkeit anderer als Angriff auf die eigene Souveränität, obgleich diese eigentlich vom Ausbeuter verletzt wurde. Da es leicht ist Kritiker als faul zu denunzieren, entsteht ein Arbeits-Chauvinismus, der dem Utilitarismus der Unternehmer entgegenkommt. So kommt es, daß die, die sich nicht beugen, von der unsolidarischen Belegschaft, die untereinander durchaus eine gewisse (auch schon mal vom Ausbeuter propagandistisch verwertete) Solidarität üben können, als Störkörper aussortiert werden.
Der Unternehmenskult kann eine religiöse Gestalt annehmen, die sich dann auch zum Marketing nutzen läßt. (Harley Davidson, Porsche, C. Cola, …) So lassen sich völlig nutzlose, verschwenderische und sogar schädliche Produkte leicht verkaufen.
 

Überwachung, Propaganda und Charisma

Kameraüberwachung ist bei Belegschaften schlecht angekommen und hat schlechte Ergebnisse. Daher nutzt man auch hier wieder die sozialen Bedürfnisse und den Eigenantrieb der Menschen aus. Die Beschäftigten werden ermutigt, während der Arbeitszeit (arbeitsbezogen) soziale Medien zu verwenden. Ideologisch wird gestreut, daß man ehrlich sein soll und es am besten ist, wenn man anderen direkt sagt, was man will. Was gut klingt, bedeutet, daß Beschäftigte, ihre Seele öffnen, was Menschen im Kapitalismus sonst mit gutem Grund nicht gern tun. Sie werden berechenbarer, ausbeutbarer. Überwachung am Arbeitsplatz heiß auf ausbeuterisch – “Transparenz”. Der Ausbeuter tritt dabei als moralische Instanz auf. Einige treiben es so weit, Tipps zu geben und sogar zu predigen. „Offen“ und „ehrlich“ sollen die Mitarbeiter sein, ihren Kollegen „direkt“ sagen, was sie wollen. Mit solchen Binsenweisheiten wird ein Betriebsklima geschaffen, in dem jeder, der es akzeptiert sich selbst ausbeutet. Alle anderen fallen auf und werden aussortiert. Die Vielfalt der Erscheinungen ist groß und im eigentlichen Sinne sektiererisch. Einige Firmenchefs lassen sich als „Visionäre“ feiern, andere treten tatsächlich als Prediger auf. „Wahrheit“, „Fairneß“ und „Respekt“ – alles, was sie selbst nicht haben – predigen die Ausbeuter.
Es gibt auch welche, die andere Ausbeuter damit beeindrucken wollen, daß sie auf Streikversammlungen auftreten um die Leute für sich zu gewinnen. Für die Belegschaft Wollen sie der Wolf sein, der Kreide gefressen hat und für die Ausbeuterkollegen der Dompteur, der die verachtete Beschäftigtenschar im Handstreich für sich gewinnt.
 

“Sweet Spot”

Bei optimaler ideologischer Beeinflussung schafft man es, so die offizielle Darstellung der Ausbeuter, die Bedürfnisse des Unternehmens, mit den (scheinbaren) Bedürfnissen des Beschäftigten in Einklang zu bringen. Anders formuliert wird den Beschäftigten durch vielfältige Beeinflussung (wie weiter unten noch erläutert) ein scheinbares Zusammentreffen ihrer eigenen Interessen mit den eigentlich antagonistischen Interessen ihrer Ausbeuter bzw. „der Firma“ suggeriert. Die Ausbeuter nennen das sinniger Weise “Sweet Spot”. Die Beschäftigten sind ideologisch so beeinflußt, daß sie keine Alternative mehr sehen und sich in ihr natürlich erscheinendes Schicksal ergeben. Sie sind maximal ausbeutbar. Sie bilden sich ein, es in der Firma gut getroffen zu haben und wenn es doch noch systematische Probleme gibt, muß das wohl an ihnen selbst liegen.
 

Verringerung der Kontrolle

Dieses Mittel hat sich bewährt, da sich weniger kontrollierte Mitarbeiter deutlich wohler fühlen. Die Verringerung der Kontrolle galt lange als Geheimrezept. Sie verringert die Unmenschlichkeit der Arbeitsbedingungen. Unternehmen, können so sogar Eigenverantwortlichkeit im Produktionsprozeß fördern. Solche Unternehmen sind allerdings sehr leistungsorientiert und wer dem nicht entspricht, fällt als Störer auf und wird oft durch die Belegschaft selbst aussortiert. Ausbeuter feiern, daß es in Unternehmen, in denen die Beschäftigten auf diese Weise Arbeitskräfte geringerer Performance aussortieren, oft keinerlei Gewerkschaften gibt. Wie sollte es sie dort auch geben, Gewerkschaften beruhen auf Solidarität.
 

Lean-Management

Das “schlanke” Management war eine Idee, die darauf beruhte, daß Unternehmen gegenüber dem Druck seines eignen Führungspersonals aufzusteigen, nicht gänzlich immun sind und daher vermehrt Verwaltungsstellen geschaffen werden, die mit vielen Leuten besetzt werden, die als unproduktiv gelten.
Bei der Verwirklichung des “schlanken” Managements kommt es darauf an, Kontrollfunktionen an die Beschäftigten selbst abzugeben. Dadurch steigt mitunter die Motivation und der Büroapparat kann abgebaut werden. Es gibt allerdings Probleme mit diesem Management, da mit Zunahme der Komplexität der Arbeit auch echte Büroarbeit bei den Beschäftigten hängenbleibt, die eigentlich produktiv sein sollen. Vielerorts kann sich die Strategie des Lean Management daher für Ausbeuter in sein Gegenteil verkehren.
 

Das Prinzip der ständigen Verbesserung

genannt — Kaizen — wurde von den Japanern erfunden, die auch schon (aufgrund ihrer innerbetrieblichen Feudalstruktur) die Identifizierung mit dem Unternehmen entwickelt haben. Dieses Prinzip zapft den Erfindungsreichtum der Menschen durch ideologische Manipulation und sanften Zwang an. Es erhöht die Ausbeutung trotz der in Japan bereits traditionell hohen Selbstausbeutung noch einmal gewaltig. Wer sich jahrelang diesem Zwang beugt, entwickelt eine Selbstverachtung. Diese Selbstverachtung führt (logischer Weise) langsam in den Rechtsextremismus, da Selbstverachtung Menschenverachtung ist. In Japan dem Erfinderland des Kaizen leben Beschäftigte stärker für ihre Firma, als für die eigene Familie. Wer sich dem nicht beugt, fliegt raus. Japan steht so weit rechts, daß selbst Langzeitarbeitslose sich ihrer Arbeitslosigkeit schämen und sich so kleiden, als wären sie beschäftigt. Auch Scham ist eine Waffe der Ausbeuter. Sie wird politisch und innerbetrieblich eingesetzt. Eine Folge des Druckes auf Beschäftigte ist, daß sich die Ausbeutungsstruktur in die Familie verschiebt (lange Arbeitszeiten, erzwungene Essen oder Trinkgelage mit den Kollegen und starke Rollenverteilung zuhause) und ein strenges Patriarchat erzwingt. Aus der Verachtung des Beschäftigten resultiert die Verachtung der Ehefrau. Der Marxist nennt (u. a.) das Produktionsverhältnisse.
 

Gymnastische Ertüchtigung

Die gemeinsame synchrone Gymnastik am Arbeitsplatz ist ebenso eine japanische Erfindung. Sie soll offiziell das Zusammengehörigkeitsgefühl und die Kooperation stärken. Tatsächlich soll sie eine unbewußte Unternehmensbindung herstellen. Der Kult kann auch anderswo bis zum Skandieren von Losungen reichen.
 

Kauf der Belegschaft – verschleierte Unterwerfung

Firmenanteile für Mitarbeiter ist eines der Rezepte, das für Entsolidarisierung sorgen soll. Flache Hierarchien sollen durch Delegieren von „Verantwortung“ Kontrollen mindern, ein Wohlfühlklima schaffen und für mehr Selbstausbeutung sorgen. Die schon erwähnte Wahl des Chefs gibt nun der Belegschaft das Gefühl, dazu zu gehören. Dabei produziert das Unternehmen weiterhin unter dem Eindruck der Konkurrenz, kämpft um Marktanteile um andere Firmen samt ihrer Belegschaft auszustechen und weiterhin eignen sich die Besitzer den Mehrwert der Produktion an.
Dabei geben sie letztlich zu, daß jemand, der das nicht versteht, „dort nichts zu suchen“ (original arte-Zitat) hat. Das ginge an, wenn man sich im Sozialismus den eignen akademischen Kriterien nach einen Betrieb aussuchen könnte, in dem man arbeiten möchte. So ist es jedoch nicht. Die flache Belegschaft selbst sortiert die „Fremden“ gleich mit aus. Dabei täuscht man sich gern selbst: „Letztlich konnten wir alle überzeugen.“ (original arte-Zitat). Wie auch nicht, wenn man seinen Job behalten will.
Sind die Unternehmer eher psychologisch eingestellt, versuchen sie den Betrieb als große Familie erscheinen zu lassen. Dieser Trend kommt aus dem immer noch feudal geprägten Japan und schließt tiefe Verbeugungen vor der eigentlich besitzenden Familie ein.
 

Bewertung des Chefs

Gerade in der westlichen Kultur gibt es viel Scharlatanerie im Bereich der Unternehmensberatung, und der Führungspsychologie. Daher haben sich Führungskräfte, oder solche, die es werden wollen, angewöhnt zu Workschops und Seminaren zu gehen, wo man Psychospielchen spielt, um die “Performance” zu verbessern. Bei Bill Gore (Goretex) gibt es sogar schon mal „Selbstverwirklichungs-Workshops“ mit Schamanen. Eine der besseren Ideen, die leider auch der Manipulation der Beschäftigten dient, ist die Bewertung des Chefs. Was revolutionär und demokratisch klingt, dient jedoch nicht einfach dem Arbeitsklima, sondern vor allem dem Profit. Schlechte Chefs werden immerhin ausgewechselt. Jedoch bleibt die Aneignung des Mehrwertes der Produktion bestehen und die Arbeitslosigkeit wird dadurch sowieso nicht verringert.
Der neuste Trend liegt darin, den Chef von der Belegschaft wählen zu lassen. Dieser muß die gleiche Ziele für die Ausbeuter erreichen. Dafür folgt ihm die Belegschaft, die ihn gewählt hat aber blind.
 

Gewerkschaften einspannen

Teilweise gelingt es, sogar Gewerkschaften vor den Karren der Unternehmer zu spannen. Die beugen sich vielfach bereits vor Konkurrenz- und Standortlogik und machen dann die Spielchen mit, die die Unternehmer bereithalten. Dabei verlieren sie an Bedeutung. Gehorsame Gewerkschaften braucht man nicht zu fürchten. Meist jedoch sind es nicht die Gewerkschaften, sondern kleingeistige Betriebsräte, die ihre Funktion als soziale Stellung mißverstehen, sich aufgrund ihres unbewußten Statusdenkens davon korrumpieren lassen und folgerichtig Verrat an ihrer Funktion und der Belegschaft, die sie vertreten sollen, begehen. Wenn Gewerkschafter und Betriebsräte nicht ausgesprochen politisch denken, haben sie in ihren Funktionen nichts zu suchen.

 

Fazit

Alle ideologische Maßnahmen, besonders aber die flachen Hierarchien und die stärkere Eigenverantwortung führen zu einem Zurückgehen der Gewerkschaften im Unternehmen. Das wirkt desto mehr, je mehr Ressentiments im Spiel sind, also je effektiver das dienende Selbstverständnis verbreitet ist. Mit dieser Doppelstrategie wird die Gewerkschaft zurückgedrängt. Das Ressentiment verschleiert den ausbeutenden Charakter und es verschleiert die Unterwerfung der Belegschaft. Arbeits-Chauvinismus einerseits und Firmenfamilie andererseits verschleiern den eigentlichen Erwerbsarbeitszwang, der durch die Existenz der Arbeitslosigkeit lauert und der in Wirklichkeit nicht nur den Lohn drückt, sondern die gesamte Ausbeutung erst durch Elend ermöglicht.

Die Verfälschung bzw. Verschleierung der Ausbeutung gelingt nur mit demagogischen Mitteln.

Die modernen Methoden der Ausbeutung schaffen es, den Widerspruch zwischen dem zunehmend gesellschaftlichen Charakter der Produktion und der privatkapitalistischen Aneignung besser zu verschleiern.
Sie zapfen mehr von der Kreativität der menschlichen Arbeitskraft an, als das vorher der Fall war. Dieses geschieht eben durch die Verschleierung des Ausbeutungsverhältnisses.

Die Verschleierung des Ausbeutungsverhältnisses, durch die die fortgesetzte Aufrechterhaltung der Produktionsweise garantiert wird,
wird

  • durch einen ideologischen Überbau, aber auch
  • durch Menschenverachtung

bewirkt.
Erst die Übernahme oder unkritische Entwicklung der Menschenverachtung der Ausbeuter führt zu Entsolidarisierung, Schuld, Scham und Selbstausbeutung.

Unmenschlichkeit obgleich sie in verschleierter Form auftritt, wird im Kapitalismus als selbstverständlich hingenommen. Diese Tatsache beruht jedoch nicht einfach auf der Dummheit oder einer angeborenen Bosheit der Menschen, sondern auf harter Arbeit der Ausbeuter, die schöpferisch arbeitende Menschen nicht einfach mit dem Stock bestrafen können, sondern der Entwicklungsstufe der Produktivkräfte angemessen, raffinierte und subtile Methoden benötigen, um sich weiterhin den gesellschaftlichen Reichtum anzueignen.
Stärkste Waffe ist dabei die systematische Übertragung der ihnen eigenen Menschenverachtung auf die Ausgebeuteten selbst. Sie verschleiert sogar die Verletzung von grundsätzlichstem formalem Recht, wenn sie nur stark genug ist.

[Evariste]
 

Von Evariste

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