Di. Mrz 19th, 2024

Wörter: 1121; Linkslevel: -2 Asozialisierte Mitläufer
Wie im Englischen, so hat das Wort auch im Deutschen eine Doppelbedeutung. Zum einen bedeutet Zivilisation – abgeleitet von Bürgerlichkeit – Ziviles – also1 menschliches erbarmendes Verhalten. Zum zweiten bedeutet es Kultur im Gegensatz zu Wildnis. Zurück aus der Wildnis sagte man einerseits: „Wir sind wieder in der Zivilisation zurück“. Da man früher einen Vergleich mit technologisch unentwickelten Kulturen zog, bezeichnete man andererseits fremde Kulturen als unzivilisiert bzw. die entwickelte Kultur als zivilisiert. Der zweite Begriff “Zivilisation“ steht also für technologische Entwicklung. Das Wort „Zivilisation“ schwankt meist unbewußt zwischen diesen beiden Begriffen. Im Englischen bezeichnet das Wort „civilization“ nur noch den zweiten Begriff – der erstere ist in Vergessenheit geraten, was besonders am bekannten gleichnamigen Computerspiel deutlich wird, bei dem es um alles andere, als um Zivilisation geht. Es ist klar, daß wer Technologie für Zivilisation hält, in der Regel die technologisch höchstentwickeltsten für „am zivilisiertesten“ hält. Dabei spielt es keine Rolle, ob man selbst Wissenschaftler, Bettler oder GI ist. Die eigene Barbarei wird als gerecht(fertigt) betrachtet. Damit dies nicht auch in Deutschland (so exzessiv) geschieht, soll hier der erste der beiden Begriffe behandelt werden. Wir sagen mal: „Zivilisation I“. Der zweite Begriff „Zivilisation II“ sagt nur, daß irgend etwas kultiviert wird. Dazu gehört wissen und Technologie. Kultivieren kann man aber auch Barbarei. Das bedeutet, daß Kulturen barbarisch oder zivilisiert sein können.

 

Definition (Zivilisation I):

Zivilisation ist ein gesellschaftlicher Zustand, in welchem Interessenkonflikte gewaltfrei, einvernehmlich und unter Anwendung des Prinzips der vorauseilenden Rücksicht gelöst werden.
Das bedeutet, daß man Interessenkonflikten zuvorkommt, indem man die Interessen anderer Parteien von vornherein so berücksichtigt, als wären es die eigenen. Konflikte können so gar nicht erst entstehen.
Das Gegenteil dieses Zivilisationsbegriffes heißt Barbarei.

 

Bedeutung

Um Interessen anderer wirklich berücksichtigen zu können, dürfen keine feindlichen Ansichten über diese anderen verbreitet sein. Feindschaft schließt Solidarität aus. Unbewußte Feindschaft erkennt man an Respektlosigkeit und Ressentiments.
Ressentiments und Respektlosigkeit weisen daher darauf hin, daß Zivilisation nicht zu erwarten ist.
Zivilisation bedeutet, für Fremde Verantwortung zu übernehmen. Dazu sind weiterentwickelte ethische Standpunkte notwendig. Letztlich kann vorauseilende Rücksicht nur durch Menschenliebe zustande kommen.

 

Kampf um die Deutung

Der Begriff der Zivilisation ist überaus positiv konnotiert. Jede politische Partei – selbst die Nazis reklamiert für sich „Zivilisation“. Allerdings gibt Unterschiede bei der Unterscheidung beider oben erwähnter Begriffe.
Zivilisation ist das eigentliche politische Ziel linker Bewegungen. Das liegt daran, daß soziale Sicherheit und Menschenrechte nur in einer zivilisierten Gesellschaft gewährleistet werden können. – Versuchen doch im Gegensatz dazu – politisch rechte Bewegungen die Erbarmungslosigkeit politisch salonfähig zu machen, da sie ihnen zweckmäßig erscheint. Wir haben es also in der politischen Auseinandersetzung zwischen Rechts und Links mit einem Wertekonflikt zu tun, bei dem es in der Regel genau um die Erbarmungslosigkeit der jeweiligen politischen Maßnahmen geht.2 Den Erbarmungslosen muß es dabei außerdem darum gehen, die Erbarmungslosigkeit zu verschleiern. Der Extremfall Faschismus zeigt dies, da er dies gerade nicht tut, sondern die Erbarmungslosigkeit mehr oder weniger offen vorträgt oder gar verteidigt, Menschlichkeit in der Propaganda nur noch rudimentär vorhanden ist oder nach ideologischen Kriterien selektiv zugemessen wird – somit also gerade die Ausnahme von der Regel ist. Der sogenannte Nationalsozialismus – ein Faschismus deutscher Prägung war hierin Weltspitze, da er die Erbarmungslosigkeit zum Programm erhob und in nie da-gewesener Offenheit durchhielt. Sie wurde nach zwölf Jahren sein eigenes Grab.
In den normalen politischen Auseinandersetzungen versucht man nicht zuletzt aufgrund dieses Beispiels Anklänge an faschistische Programme – d. h. faschistoide Intentionen – aufzudecken, bzw. andersherum, zu bemänteln. Hierdurch – meist weiter in der Mitte – sind politische Auseinandersetzungen zwischen Rechts und Links im eigentlichen Sinne geprägt. Es geht um die Glaubwürdigkeit politischer Aussagen und Darstellungen, sowie ihre Entlarvung als unmenschlich. Es geht darum, die Absichten des Gegners als unethisch zu entlarven. Umgekehrt versucht der Gegner die Absichten seines Gegners als unmöglich und seine eigenen als möglichst positiv und menschlich darzustellen.
Das Schlagwort soziale Marktwirtschaft ist auf diese Weise entstanden – konservative Parteien machen – aus aktuellem Anlaß – heute wieder besonderen Gebrauch davon. Selbst Worte, wie „Nachhaltigkeit“ oder „Teilhabe“ hört das erstaunte Publikum heute aus CDU-Mündern, ohne daß die Sprecher vor Scham erröten.
Zivilisation wird zwar unterschiedlich verstanden, hat aber einen positiven Klang.
 

Wo liegt die Wahrheit?

Wir Kommunisten sind der Ansicht, daß Zivilisation I ein linker Inhalt ist. Und Zivilisation immer von Rechts unter Druck bzw. in Gefahr gerät. Beispielsweise sind ja auch die Menschenrechte originär linker politischer Inhalt.

Da die Frage, wer Recht hat, in Fragen der Zivilisation von allen Seiten umkämpft ist, gewinnt man politische Auseinandersetzungen heute durch Massenmanipulation. Dabei spielen die Medien als Verstärker und ihre unterschiedliche Verfügbarkeit für verschiedene Parteien (und Einkommensgruppen) eine große Rolle. Das Interesse an der Manipulation öffentlicher Auffassungen ist groß, ihre Durchführung professionell. Für unpolitische Menschen ist die Wahrheit daher oft schwer erkennbar.

 

Was ist (alles) unzivilisiert?

Dabei ist die Wahrheit einfach zu erkennen:
Hier ein paar Fragen, die man sich selbst beantworten muß:
Wer sammelt Waffen?
Wer trägt Waffen?
Wer benutzt Waffen?
Wer produziert Waffen?
Wer entscheidet über Betriebsschließungen?
Wer profitiert vom Krieg?
Wer überwacht die Bevölkerung?
Wer profitiert von Zwangsarbeit?
Wer profitiert vom bewaffneten Gewaltmonopol?
Wer fordert die Kürzung von Sozialleistungen?
Wer möchte die „Privatisierung“ von Betrieben der öffentlichen Daseinsvorsorge.
Wer möchte Gesundheit oder Bildung zur Ware machen?
Wer startet – soweit gerade opportun – Hetzkampagnen gegen Ausländer, Moslems oder Arbeitslose?
Wer arbeitet an Opportunität und Akzeptanz von Gewalt, Militär, Militarismus und Krieg?
Wer forderte Immunität für Eurocops?
Wer besitzt tatsächlich das meiste Geld?
Wer ist niemals von Wohnungsräumungen betroffen und warum?
Wer verdient an der Produktion von Waffen, Antipersonenminen und Clusterbomben?
Wer hält soziale Sicherheit und Umweltschutz für ein „Wirtschaftshemmnis“ und den allgemeinen Zugang zu Kultur und Sport für verzichtbar?
Wer will das Gesundheitswesen privatisieren?
Wer will den Hochschulzugang erschweren?

Das sind die, die rechts stehen!
Wer rechts steht, ist unzivilisiert!
 

Für die Kürzung von Sozialleistungen – eine besonders direkte – und schmutzige Forderung, da hier Reichtum durch Schaffung von Elend vergrößert werden soll, wird heute (wie in der Nazizeit zur Begründung der Rassegesetze) Wissenschaftler ins Feld geführt. So muß z. B. ein sogenannter „Wirtschaftsweiser“ (der gar keine Ahnung von Wirtschaft hat) verkünden (z. B.: H. W. Sinn), daß die Arbeitslosen den Gürtel enger schnallen sollen, oder daß Lohnnebenkosten Arbeitslosigkeit verursachen würden, daß zu hohe Löhne für die Wirtschaft schlecht oder daß Investitionen gut gegen Arbeitslosigkeit sind. All das ist falsch, wird aber von sogenannten Wissenschaftlern, die damit gut verdienen, vertreten. (siehe hierzu: »Was ist schlimm an kapitalistischen Wirtschaftswissenschaften?«(in Arbeit)) Um das zu tun, müssen sie rechts stehen.
 

Viele, die in der kapitalistischen Marktwirtschaft aufgewachsen sind, richten ihre Philosophie unkritisch daran aus. Es ist für sie schwer zu verstehen, daß Kapitalismus Barbarei ist.

[Evariste]

 

1 … im Unterschied zu militärisch

Von Evariste

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